Wiens Bürgermeister Michael Häupl konnte mit 35,0 Prozent ein starkes Ergebnis für die Bundes-SPÖ unter Kanzler Christian Kern erzielen. Massive Zugewinne gab es aber für die ÖVP. Die Grünen sackten um elf Prozentpunkte ab.

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Wien – Mit seiner Ankündigung, den Wahlkampf für Kanzler Christian Kern als Bürgermeister in Wien zu unterstützen und erst 2018 zurückzutreten, hat Michael Häupl (SPÖ) die vom rechten Wiener Parteiflügel forcierte Diskussion über seine rasche Ablöse Anfang des Jahres weggewischt. Gleichzeitig übernahm Häupl damit die Verantwortung für das Wiener Abschneiden der SPÖ bei der Nationalratswahl. Häupl mahnte trotz der schwelenden innerparteilichen Streitereien um seine Nachfolge Einigkeit für Kern ein.

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Die Wiener SPÖ habe jedenfalls noch nie so intensiv für eine Nationalratswahl geworben wie diesmal, sagte SPÖ-Managerin Sybille Straubinger. Dazu war die Partei auch gezwungen: Denn die rote Hochburg verkam bei der Nationalratswahl 2013 zu einem Schlösschen. Mit einem Minus von 3,2 Prozentpunkten wurde zwar noch ein klarer Sieg, aber auch der historische Tiefststand mit 31,6 Prozent eingefahren.

Die Mobilisierung hat am Sonntag funktioniert: Nach Auszählung aller Wahlsprengel (ohne Einrechnung der Wahlkarten) schafften die Roten 35,0 Prozent – ein Plus von 3,3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2013.

"Mein Wien is ned deppert"

Im Festzelt in der Löwelstraße kommentierten Genossen das bundesweite Ergebnis aber als "klaren Rechtsruck". Die Zeit der Bundes-SPÖ als "starker Oppositionspartei" breche an. Finanzstadträtin Renate Brauner sagte: "Wir sind diejenigen, die gegen den schwarz-blauen Block auftreten." Häupl meinte, dass Rot-Blau nicht kommen werde. "Lassen wir das." Opposition in einer Demokratie sei "keine schändliche Rolle". Zum Wiener Ergebnis sagte er: "Hab ich es nicht gesagt? Mein Wien is ned deppert."

Was das rote Ergebnis für Wien bedeutet, damit beschäftigt sich am Montag der Vorstand der Wiener SPÖ. Avisiert ist der Termin um 15 Uhr.

Fix ist, dass der Vorstand der Wiener SPÖ aber auch die Weichen für die Häupl-Nachfolge stellt und den Termin des Landesparteitags bestätigt, in dem der neue Parteichef gekürt wird. Häupl hatte im Interview mit dem STANDARD bereits gesagt, dass er den 27. Jänner vorschlagen werde. Als Bürgermeister werde er Mitte 2018 zurücktreten.

Kampf um Häupls Nachfolge

Der Kampf um Häupls Nachfolge schließt damit nahtlos an den Nationalratswahlkampf an. Als Einziger hat bisher Wohnbaustadtrat Michael Ludwig seine Kandidatur für beide Ämter öffentlich bekanntgegeben. Ludwig wird dem rechten Flügel der Partei zugerechnet. Die große Frage ist, ob er beide Lager hinter sich vereinen kann – oder ob es zu einer Kampfabstimmung kommt. Sozialstadträtin Sandra Frauenberger, sie ist dem linken Flügel der Partei zugehörig, hatte im Mai gesagt, dass Ludwig "derzeit kein einender Kandidat" sei.

Gernot Blümel (ÖVP), Maria Vassilakou (Grüne) und Beate Meinl-Reisinger (Neos) sprechen über die Ergebnisse der Hochrechnung in Wien.


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Den größten Gewinn in Wien fuhr die ÖVP ein, sie erreichte noch ohne Einrechnung der Wahlkarten 20,6 Prozent – ein Plus von 6,1 Prozentpunkten im Vergleich zu 2013. Die Freiheitlichen konnte die Bewegung um Sebastian Kurz in Wien vorerst aber nicht einholen: Die FPÖ blieb um 2,5 Prozentpunkte vor den Türkisen. Eine Sora-Hochrechnung hält es aber für wahrscheinlich, dass die ÖVP mit den Wahlkarten die Blauen noch knapp überholt. ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel sprach von einem "Tag der Freude".

Debakel für Grüne

Der grüne Koalitionspartner in Wien musste hingegen ein regelrechtes Debakel hinnehmen. Im Vergleich zu 2013, als die Grünen 16,41 Prozent erreichten, sackten sie um elf Prozentpunkte ab. Ohne Einberechnung der Wahlkarten hielten sie am Sonntagabend nur bei 5,3 Prozent. Das bedeutete nur Platz sechs in Wien.

Die Wähler hätten "eine klare Botschaft an uns gesandt", sagte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou. Eine "zerstrittene Truppe" werde nicht geschätzt. Dazu kommt der Erfolg des Ex-Grünen Peter Pilz, der in Wien aus dem Stand die Grünen überholte und bei 7,3 Prozent hielt. Auch die Neos landeten mit 6,0 Prozent vor den Grünen. (David Krutzler, Oona Kroisleitner, 15.10.2017)