Der Applaus war groß, als Christian Kern am Wahlabend im Festzelt der SPÖ den Medien die Schuld dafür gab, dass der eigene Wahlkampf "nicht einfach" gewesen sei. Schon vor der Wahl hatte er die "beispiellose Kampagne" beklagt, die vor allem Krone und Österreich gegen die SPÖ und ihn gefahren hätten. Kern hat recht: Beide Medien haben sich klar entschieden, für wen sie sind und gegen wen sie schreiben. Wie sie das gemacht haben, war häufig indiskutabel und unanständig.

Dennoch: Dass sich just die SPÖ darüber aufregt, grenzt an Schizophrenie. Wer hat jahrzehntelang den Boulevard mit Inseraten gefüttert, gerade in Wien? Wer verkündet seine wichtigsten politischen Botschaften mit Vorliebe über Boulevardmedien? Kerns Vorgänger Werner Faymann hat das auf die Spitze getrieben: Regierungsinserate schalten lassen und geglaubt, das sei Kommunikation von politischer Arbeit.

Wirklich gebrochen hat Kern mit dieser Denkweise nicht: Unter seiner Kanzlerschaft hat der SPÖ-Medienminister ein Presseförderungsgesetz vorbereitet, das die Boulevard- und Gratismedien ausgiebig bedacht hätte.

Im nordaustralischen Kakadu-Nationalpark, in dem Salzwasserkrokodile aufgezogen werden, sind die Pfleger jederzeit darauf gefasst, dass die Hand, die füttert, auch gnadenlos gebissen wird. Sie greifen selbst winzige Krokos nur mit Handschuh und Zange an. Vielleicht dient das "australische Modell" auch in dieser Hinsicht künftig als Vorbild. (Petra Stuiber, 16.10.2017)