Elektromobilität, im Bild eine Stromtankstelle der Energie Steiermark, zählt das Unternehmen zu den aussichtsreichen Geschäftsfeldern.

Foto: elmar gubisch

Graz/Wien – Dass man mit der Produktion und dem Verkauf von Strom das große Geld verdient, das war einmal. Wenn überschüssige Strommengen die Märkte fluten, wie das mit schöner Regelmäßigkeit geschieht, stürzen die Preise ab. Davon sind vor allem Energieversorger betroffen, die die Großindustrie beliefern, gilt diese doch als besonders preissensibel.

Deshalb ist beispielsweise die Energie Steiermark gar nicht unglücklich, nicht Stromlieferant für die Voest in Kapfenberg zu sein. "Dafür beliefern wir Standorte der österreichischen Post, sind bei Lidl drinnen und bei anderen Kettenkunden", sagte Martin Graf, Vorstandsdirektor der Energie Steiermark und vormals Geschäftsführer der E-Control, dem STANDARD. "Alle, die Volumensgeschäfte mit der Industrie machen, blasen ihre Bücher auf, unterm Strich bleibt kaum etwas übrig."

Neue Geschäftsmodelle

Graf, der den steirischen Landesenergieversorger gemeinsam mit Vorstandssprecher Christian Purrer sanft, aber bestimmt zu neuen Ufern navigieren will, hat schon etliche Ideen für neue Geschäftsmodelle. Graf: "Da wird in nächster Zeit einiges aufpoppen in Österreich, nicht nur von uns, auch von anderen."

Mit Next hat Energie Steiermark eine eigene Gesellschaft, die sich mit Innovationsthemen beschäftigt. Sie berichtet direkt an den Vorstand. Damit verbinde man die Hoffnung, früher oder später in deutlich lukrativere Nischen vorstoßen zu können als heute.

Die Herausforderung sei, dass zur Zeit vieles parallel laufe – Optimierung und Verschlankung im Unternehmen unter Einsatz von Algorithmen und Robotik, Feldversuche mit neuartigen Speichern, Elektromobilität.

Im Bereich Buchhaltung etwa habe man kürzlich ein Projekt abgeschlossen, bei dem untersucht wurde, wie standardisierte Arbeiten stärker automatisiert werden könnten. Das bedeute im Umkehrschluss, dass neu eintretende Mitarbeiter neue Fähigkeiten mitbringen müssten, etwa selbstständig programmieren können sollten.

Hoher Automatisierungsgrad

Gut unterwegs sei die vor knapp zwei Jahren mit der Bawag-Tochter Easybank gestartete Easy Green Energy, die Strom und Gas an kleine internetaffine Unternehmen und Privatkunden verkauft. "Wir werden als einziger Landesenergieversorger Ende des Jahres inklusive Easy Green Energy mehr Kunden haben als zu Beginn des Jahres", sagte Graf. Die Prozesse dort seien hochgradig automatisiert, der Anteil elektronischer Rechnungen liege bei über 90 Prozent, der Anteil der Abbuchungsaufträge ebenfalls. Die Handlingkosten machten einen Bruchteil dessen aus, was bei einem klassischen Prozess anfalle.

"Wir müssen in Zukunft zielgruppenspezifischer vorgehen", sagte Graf. "In Deutschland sehe ich, dass dort die Bahn, die Telekom, Lidl und Aldi Süd Strom an Endkunden verkaufen; sie vermitteln nicht Verträge wie in der Vergangenheit, sondern verkaufen tatsächlich Strom – und auf der Rechnung steht dann Aldi, Lidl oder sonst was." Das sei ein Trend, der früher oder später auch nach Österreich schwappen werde. Davor wolle man gewappnet sein. (Günther Strobl, 18.10.2017)