Geht es darum, gemeinsam an einem Strang zu ziehen, sind nach Versuchen der Vetmeduni Vienna Wölfe ihren domestizierten Nachfahren eindeutig überlegen.

Foto: Wolf Science Center/Vetmeduni Vienna

Wien/Ernstbrunn – Man sollte meinen, dass Hunde aufgrund der Domestikation mit Menschen und Artgenossen kooperativer umgehen als Wölfe das tun. Verhaltensforscher des Messerli Forschungsinstituts an der Vetmeduni Vienna bewiesen nun aber in einer Studie im Fachjournal "PNAS", dass die wilden Vorfahren ihre domestizierten Verwandten in Sachen Teamwork ausstechen.

Die Versuche zeigten eindeutig, dass die Wölfe buchstäblich besser an einem Strang ziehen können als Hunde, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Die Haustierwerdung habe Hunde demnach nicht kooperativer gemacht als ihre wilden Verwandten.

Gemeinsam am Seil ziehen

Die Forscher um Sarah Marshall-Pescini haben Wölfe und Hunde, die am Wolf Science Center der Veterinärmedizinischen Universität Wien in Niederösterreich in Rudeln und an Menschen gewöhnt aufgezogen wurden, eine spezielle Aufgabe gestellt, in der sie beweisen konnten, wie gut sie mit ihren Artgenossen zusammenarbeiten: Hinter einem Zaun lagen unerreichbar für sie zwei Küken auf einem Futtertablett, erklärte Marshall-Pescini. Zwei Tiere konnten das Futter zu sich heranziehen, wenn sie gleichzeitig jeweils an einem Ende eines Seils zogen, das um das Tablett gefädelt war.

Die Wolfs-Pärchen schafften dies bei jedem vierten Versuch (100 von 416), Hunde-Pärchen nur bei zwei von 472 Versuchen, berichten die Forscher. Bei den Wölfen funktionierte die Zusammenarbeit am besten, wenn sie eine gute soziale Bindung zueinander und einen ähnlich hohen Rang im Rudel innehatten.

Wilde Hunde sind Einzelgänger

Dies passe gut zu den Beobachtungen in der freien Natur, so die Forscher in dem Fachartikel. Wölfe leben in sehr eng geknüpften Familien-Gruppen und sind darauf angewiesen, gemeinsam zu jagen, die Jungen aufzuziehen, und ihr Territorium zu verteidigen. Frei lebende Hunde, die immerhin 80 Prozent der weltweiten Hundepopulation ausmachen, sind hingegen in der Regel Einzelgänger.

Die Hunde waren zwar an dem Spielchen und dem Futter genau so interessiert wie die Wölfe, aber sie zogen fast nie gemeinsam am Seil, um soziale Konflikte um das Futter zu vermeiden, meinen die Forscher. "Wölfe streiten durchaus um Futterressourcen, aber am Ende bekommen beide ihren Anteil", so Marshall-Pescini. Bei Hunden hole sich das dominantere Tier alles, und das andere hält sich von ihm und dem Futter fern, damit es zu keinem Konflikt kommt.

Diese Vermeidungsstrategie verhinderte in den Versuchen offensichtlich eine erfolgreichere Zusammenarbeit mit ihren Artgenossen, erklärte sie. Die Forscher wollen nun bei Wölfen und Hunden untersuchen, wie gut sie jeweils mit Menschen kooperieren. (APA, red, 17.10.2017)