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Carsharing-Verfechter sehen das Heil im Autoteilen. Kritiker glauben, dass dank des Angebots eher mehr mit dem Auto gefahren wird.

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Wien – Im Vorjahr verlor Wien mit Flinkster einen der vier Carsharing-Anbieter. Das Unternehmen der Deutschen Bahn zog sich vom Markt zurück. Heuer im Sommer verabschiedete sich der internationale Anbieter Zipcar aus Österreich. Der zweite mit einem sogenannten stationären Angebot. Für Ersatz ist mittlerweile gesorgt. Mit dem "Stadtauto" will die Wiener Firma Greenmove ab November die Lücke an den 60 ehemaligen Zipcar-Standorten füllen. Den Nachteil standortgebunden will man dabei zum Vorteil drehen: Durch das Installieren von Ladestellen an den Standorten soll mittelfristig ein E-Mobilitätskonzept umgesetzt werden, bei dem am Ende nur mehr Stromer zum Einsatz kommen. Im ersten Schritt ab November werden Hybridfahrzeuge bereitgestellt. Die Tarife sollen jenen von Zipcar nicht unähnlich sein. Je nach Angebot soll eine Stunde Fahrt vier bis zwölf Euro kosten.

Parken im Stadtgebiet

Bislang scheint das "Free Floating" der beiden großen Player, Daimler-Tochter Car2go und Drive Now (ein Joint Venture von BMW und dem Autovermieter Sixt) besser zu funktionieren: Die 1.200 Autos, die die beiden insgesamt für rund 210.000 Kunden bereitstellen, können an jedem freien Platz im Einzugsgebiet abgestellt werden. Die Parkgebühren führen sie pauschal an die Stadt ab. Was man nach dem ersten Hype sagen kann: Wirtschaftlich ist in Österreich für die Großen nur Wien interessant. "Nur wenn der öffentliche Nahverkehr gut ist, hat Carsharing eine Chance", sagt Robert Kahr, Geschäftsführer der Österreich-Sparte von Drive Now dem STANDARD. Hätte man sich anfangs bewerben müssen, hätte sich nun das Blatt gewendet: "Als sich Zipcar aus St. Pölten zurückgezogen hat, hat sich St. Pölten bei uns gemeldet. Wir mussten ablehnen." Auch in den anderen Landeshauptstädten treten Car2go oder Drive Now gar nicht an.

Experimentierfeld

Und das aus gutem Grund: Es rechnet sich nicht. Zahlen für Österreich werden nicht genannt, nur so viel verrät Kahr: "Wir sind noch nicht positiv." Noch wird auf dem Feld heftig experimentiert. Vor allem Autobauer rüsten für die neuen Mobilitätsgewohnheiten: Immer mehr Stadtbewohner verzichten auf ein eigenes Auto. Nun will man sie für Dienstleistungen gewinnen. Drive Now hat dabei laut Kahr seit seinem Markteintritt vor drei Jahren einiges an Lehrgeld gezahlt.

Von nicht wenigen Kunden musste man sich wieder trennen, weil sie nicht widerstehen konnten, mit einem BMW die Reifen zum Rauchen zu bringen. Mittlerweile verzeichne man trotz Assistenz an den Autos großteils Parkschäden. Auch Car2go dreht noch an Stellschrauben. Der Wiener Marktführer hat im Vorjahr sein Einzugsgebiet verkleinert, weil in den Außenbezirken viele Autos zu selten genutzt wurden. Dafür polierte man die Smart-Flotte mit Mercedes der A-Klasse auf.

Randerscheinung E-Mobilität

Was das Thema E-Mobilität betrifft, ist mancherorts schon wieder Ernüchterung eingekehrt. Die Salzburg AG und Partner Rewe stellen ihr E-Carsharing-Angebot in Salzburg mangels wirtschaftlichem Erfolg wieder ein. Drive Now bäckt diesbezüglich weiter kleine Brötchen. Die 2015 ins Rennen geschickten 20 E-Autos werden wohl so schnell nicht mehr, auch wenn sich das schnell ändern könnte, wie Kahr betont. Car2go hat in Wien – anders als in Stuttgart oder Madrid – keine E-Autos im Einsatz.

Städte wie St. Pölten müssen sich wohl noch gedulden. Die ÖBB arbeiten an ihrem Carsharing-Modell Rail & Drive, das man gemeinsam mit Flinkster-Betreiber DB Rent nicht nur in Wien, sondern auch in Städten wie Leoben, Linz oder Klagenfurt auf die Beine stellen will. Die für Herbst angekündigten Details nach Evaluierung des Pilotprojektes werden für Mitte November in Aussicht gestellt. Aber auch Greenmove steht außerhalb Wiens in den Startlöchern. Gespräche laufen auch mit den Städten Salzburg, Villach und St. Pölten. (Regina Bruckner, 18.10.2017)