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Jacinda Ardern wird aller Wahrscheinlichkeit nach nächste Regierungschefin Neuseelands.

Foto: AP / Mark Baker

Wellington/Canberra – Am Donnerstag kam endlich die Meldung: New Zealand First hat sich für die Labour-Partei als Koalitionspartnerin entschieden – sowie für die Grünen. Damit wird die 37-jährige Jacinda Ardern neue Premierministerin Neuseelands. Sie kann auf 63 der 120 Abgeordneten im Parlament zählen. Mit ihrer gewinnenden Art und Eloquenz hat sie nur sieben Wochen nach ihrer Ernennung zur Parteichefin das Schicksal der sozialdemokratischen Opposition gewendet.

Bis zum Schluss waren Beobachter im Ungewissen darüber geblieben, wie sich New-Zealand-First-Chef Winston Peters entscheiden würde – für die bisherige Regierung oder für Labour. Die konservative Nationalpartei mit Premierminister Bill English an der Spitze war bei der Wahl am 23. September zwar erneut stärkste Kraft geworden, hatte aber die absolute Mehrheit verfehlt. So wurde Peters zum Königsmacher.

Kapitalismus mit menschlichem Antlitz

Wie der Politiker am Donnerstagabend sagte, habe er sich in erster Linie aus sozialen Gründen für Labour entschieden. Kapitalismus müsse wieder "ein menschliches Antlitz" erhalten. Die bisherige Regierung hatte in den letzten neun Jahren eine relativ strikte neoliberale Politik verfolgt, die zwar ein gutes Wirtschaftswachstum zur Folge hatte, aber zu einem immer tieferen Graben zwischen Arm und Reich führte.

Sowohl New Zealand First als auch Labour wollen eine Beschränkung der Einwandererzahlen, die sie für einen drastischen Mangel an erschwinglichem Wohnraum verantwortlich machen. Außerdem dürfte es künftig schwieriger werden, dass Ausländer – allen voran chinesische Großinvestoren – Farmen kaufen können. Ardern hatte im Vorfeld angekündigt, die prekäre Situation zu verbessern, in der sich die neuseeländische Umwelt befindet.

Obwohl es 80 Prozent der Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen produziert, hat das Land unter den OECD-Staaten gemessen am Bruttoinlandsprodukt den zweithöchsten Grad an Klimagasemissionen. Dieser ist seit 1990 um 23 Prozent gestiegen. Kritiker machen die extrem intensive Landwirtschaft – allen voran die Produktion von Milch –, ineffiziente Verkehrssysteme und emissionsstarke Industrien für die Situation verantwortlich. Die OECD hatte jüngst das "auf Ausbeutung der natürlichen Ressourcen basierende wirtschaftliche Wachstumsmodell" Neuseelands kritisiert. (Urs Wälterlin, 19.10.2017)