Brüssel – In der Debatte über die künftige Regierungskonstellation sieht Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) Österreich weiter als zuverlässigen Partner in Europa. "Österreich wird Kontinuität haben, was die Zuverlässigkeit als europäische Partner betrifft – das ist allen klar hier", sagte Kern im Vorfeld des EU-Gipfels am Donnerstag in Brüssel. Aber "man muss jetzt in Ruhe die Regierungsbildung" abwarten.

In sein vermutlich vorerst letztes Treffen der Staats- und Regierungschefs in Europa gehe er "konzentriert", sagte Kern. Es stünden einige "wichtige Punkte" auf der Tagesordnung, bei denen es um österreichische Positionen gehe, sagte Kern mit Blick auf die Türkei-Frage und den Brexit: "Das muss man sehr ernst nehmen."

Kern pocht außerdem auf Fortschritte in den Brexit-Verhandlungen. "Die Zeit beginnt langsam zu laufen, und es ist wichtig, dass die Briten hier nicht nur verbale Zugeständnisse machen, sondern es auch wirklich zu handfesten Ergebnissen kommt."

"Unsicherheit inakzeptabel"

Kern betonte, die fehlenden Fortschritte in den Brexit-Gesprächen würden nicht nur die britische, "sondern auch die ganze europäische Wirtschaft" treffen. "Die Unsicherheit", so der Kanzler weiter, bleibe auf jeden Fall, und das sei vor allem für "unsere Staatsbürger inakzeptabel".

Ebenfalls zur Aussprache steht auf der Tagesordnung der 28 Staats- und Regierungschefs die Türkei. "Wir haben eine klare Position", sagte Kern – und zwar sei man "schon die längste Zeit" der Auffassung gewesen, dass die Beitrittsverhandlungen gestoppt gehören. Auch die Vorbeitrittshilfen sollten gestoppt werden, allerdings "nicht jene für die Flüchtlingskooperation", weil da würde sich Ankara an seine Verpflichtungen halten.

Fortschritte bei Migration

Fortschritte habe es auf europäischer Ebene in Sachen Migration gegeben, sagte Kern in Hinblick auf Italien und die Kooperation mit der Türkei. Aber es gebe noch vieles zu tun, so der Bundeskanzler weiter. Die Einschätzung mancher hier in Brüssel, dass die Krise vorbei sei, teile er nicht. "Aber wir sind auch auf einem absolut guten Weg in Österreich", auch wenn im Wahlkampf "von manchen Massenmedien eine ganz andere Stimmung produziert" würde.

Besorgt blickt Kern auch in Richtung Spanien und der Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens. Das sei eine "wirklich ernste Situation". Jetzt müssten alle einen Beitrag leisten, damit nicht "hier nicht weiter Öl ins Feuer gegossen" werde. (APA, 19.10.2017)