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Katarina Barley: "Das Machtgefälle zwischen den Geschlechtern in Deutschland muss sich ändern."

Foto: Reuters/HANNIBAL HANSCHKE

Berlin – In der aktuellen Sexismusdebatte hat die deutsche Familienministerin Katarina Barley (SPD) striktere Gesetze gefordert. "Was körperliche Übergriffe angeht, wie Hand aufs Knie legen, sollten wir juristisch schärfer werden", sagte Barley den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Bei Sexismus gehe es nicht ums Flirten, sondern immer um Macht.

Barley forderte, das "Machtgefälle zwischen den Geschlechtern" in Deutschland müsse sich ändern. "Das hat auch etwas mit fehlender Lohngerechtigkeit zu tun, mit dem Frauenanteil in den Parlamenten, mit einem Frauenanteil in Führungspositionen in Unternehmen", sagte sie. "All das muss kommen, damit sich die gönnerhafte, anmaßende, abwertende, übergriffige Einstellung vieler Männern ändert", sagte die SPD-Politikerin.

Die kann das nicht

Sexismus sei Alltag, "in der einen Branche mehr als in der anderen". Deshalb sei die unter dem Schlagwort #MeToo ausgelöste Debatte "immens wichtig". Millionen Frauen haben sich weltweit der Internetaktion gegen Sexismus angeschlossen. Die Kampagne wurde durch den Skandal um den unter Vergewaltigungs- und Missbrauchsverdacht stehenden US-Filmproduzenten Harvey Weinstein ins Rollen gebracht.

Barley berichtete auch von eigenen negativen Erfahrungen. So gebe es bei offiziellen Fototerminen "schon den einen oder anderen, der bei der Umarmung oder wenn man eng beieinander steht, seine Hand mal länger auf der Taille lässt oder fester zugreift", sagte sie. Frauen stünden oft im inneren Konflikt, ob sie sich gegen Sexismus öffentlich wehren sollten.

Auch die SPD-Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hat in ihrer politischen Karriere immer wieder Erfahrungen mit Sexismus gemacht. "Eine typische Sexismus-Erfahrung ist, dass Frauen nicht ernst genommen werden", sagte sich der "Bild am Sonntag". "Ich habe in meinem Leben unglaublich oft gehört: 'Die kann das nicht.' Oder: 'Sie ist noch nicht so weit.'" Bei Frauen werde sogar noch die Qualifikation angezweifelt, wenn sie bereits sehr erfolgreich im Leben stünden.

Informelle Männer-Gremien

Bei Frauen stehe zudem viel zu oft das Aussehen im Vordergrund. "Angenehm ist das nicht, aber ich habe da ein dickes Fell, sonst könnte ich den Job nicht machen."

In der Politik beobachtet die neue Fraktionschefin der Sozialdemokraten nach wie vor, dass Männer eine Art Kartell bildeten. "Immer, wenn ich es in ein Gremium geschafft hatte, stellte ich fest: Es gibt noch ein höheres, informelles Gremium, in dem die Männer die Entscheidungen unter sich treffen."

Mit einer Frau an der Spitze der Fraktion sei dieses Muster nun durchbrochen. Frauen rät Nahles, sich besser zu vernetzen: "Das beherrschen Männer hervorragend. Bei ihnen funktionieren die 'Lobe-Kartelle': Wenn einer von ihnen etwas tut, preisen ihn die anderen sozusagen automatisch. Da müssen wir Frauen besser werden." (APA, 23.10.2017)