Bangkok/Wien – Mehrere hundert Soldaten braucht es, um den frisch renovierten Holzwagen aus dem Jahr 1805 zu ziehen. Etliche Male wurde das 13 Tonnen schwere Gefährt in den vergangenen Wochen durch Teile der thailändischen Hauptstadt Bangkok bewegt, damit am Donnerstag alles perfekt aussieht. Dann wird, mehr als ein Jahr nach seinem Tod, der schon zu Lebzeiten höchstverehrte König Bhumibol feierlich verabschiedet. Über 250.000 Menschen werden der Feuerbestattung in der Nähe des eigens errichteten Tempels beiwohnen, hunderte Ehrengäste aus Adel und Politik aus aller Welt anreisen.

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Auch Thailands Bankomaten betrauern vor der Geldausgabe den Tod König Bhumibols vor einem Jahr.
Foto: AP / Charles Dharapak

In Thailand selbst ist die Stimmung seit dem Ableben des 88-jährigen Monarchen gedämpft: Die aus dem Militärputsch von 2014 hervorgegangene Regierung lässt die Fernsehsender schon seit Wochen ihr Programm in Schwarz-Weiß ausstrahlen, Internetportale zeigen großflächige Porträts des Verstorbenen, in der U-Bahn sind Szenen aus seiner Herrschaft zu sehen, und bei Fußballspielen durfte nur still gefeiert und nicht ausgelassen gejubelt werden.

Übungen für die Begräbnisfeierlichkeiten vor dem Krematorium in Bangkok.
Foto: APA / AFP / Roberto Schmidt

Auch ausländische Besucher sind diese Woche aufgerufen, die staatlichen Wünsche nach öffentlich sichtbarer Trauer zu befolgen. Wer sie allzu auffällig missachtet, kann durchaus Probleme mit der Polizei bekommen – oder vorher schon mit ärgerlichen Einheimischen.

Heiliges Wasser vom Sohn

Am Donnerstag wird ohnehin das öffentliche Leben zum Erliegen kommen: Dann wird eine schmuckvolle Urne in das 50 Meter hohe Krematorium transportiert, das dem mythischen Berg Meru nachempfunden ist, der in der buddhistischen und hinduistischen Lehre als Zentrum des Universums eine wichtige Rolle spielt. Die Urne ist leer. Zugleich mit ihrer symbolischen Einäscherung werden die sterblichen Überreste des Monarchen, die sich seit seinem Tod in seinem Sarg befinden, ebenfalls verbrannt. Sein Sohn und Nachfolger, Maha Vajiralongkorn, soll die Glut am folgenden Tag mit heiligem Wasser löschen.

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Vor dem Krematorium werden seit Wochen die Trauerfeiern für König Bhumibol geübt.
Foto: Reuters / Athit Perawongmetha

Maha Vajiralongkorn ist es auch, über den Medien manchmal Sorge äußern. Er wird von manchen Thais weniger abgöttisch verehrt als sein Vater. Genau weiß man das aber nicht, denn sowohl über den Sohn als auch über den Vater trauen sich fast alle Thailänderinnen und Thailänder nur wenig öffentlich sagen. Die Strafen für Majestätsbeleidigung, die seit dem Putsch besonders häufig vergeben werden, verbieten Aussagen, wenn diese nicht ausschließlich positiv sind.

Gemälde mit Bildern des toten Königs werden auf der Straße verkauft.
Foto: APA / AFP / Roberto Schmidt

Offenkundig scheint allerdings, dass der 65-Jährige, der noch immer viel Zeit in seinem Haus am Starnberger See nahe München verbringt, stärker als sein oft auf Ausgleich bedachter Vater Kontrolle über die Politik erlangen möchte. Thailands politisches System, bei dem viel Macht über informelle Elitenkanäle ausgeübt wird, hilft ihm dabei. Und ebenso die aktuelle Regierung, die mehrfach plakativ zu verstehen gegeben hat, dass sie echte ebenso wie vermutete Wünsche des Monarchen an die oberste Stelle ihrer Überlegungen stellt. Die dem Königshaus nahestehende Bürokratie, die Armee und weitere Teile des berüchtigten "tiefen Staates" in Thailand werden der ehemaligen Junta dabei helfen – und sie zwingen, den Weg nicht zu verlassen. (Manuel Escher, 25.10.2017)