Die schwarz-blaue Regierung des Jahres 2000 musste unterirdisch zur Angelobung antreten. ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel, der sich als Dritter der Wahl von Jörg Haiders FPÖ zum Bundeskanzler machen ließ, sah sich mit wütenden Protesten im Inland und einer breiten Front der Ablehnung im Ausland konfrontiert. Das wird dem neuen ÖVP-Chef Sebastian Kurz und seinem mutmaßlichen Koalitionspartner und Vizekanzler Heinz-Christian Strache von der FPÖ nicht passieren. Sie werden über den Ballhausplatz schreiten können.

In der Hofburg wird sie mit Alexander Van der Bellen allerdings wieder ein Bundespräsident erwarten, der einer türkis-blauen Koalition ähnlich skeptisch gegenübersteht wie einst Thomas Klestil der damals noch schwarz-blauen. Anders als Schüssel ist Kurz von den Wählern aber durchaus legitimiert, eine Koalition mit einem Partner seiner Wahl anzuführen. Mit 113 von 183 Mandataren haben ÖVP und FPÖ eine solide Mehrheit im Parlament, gemeinsam mit den Neos verfügten sie auch über eine hauchdünne Zweidrittelmehrheit, mit der sie Verfassungsgesetze ändern oder beschließen könnten.

Dem kann man aus vielerlei Gründen sehr skeptisch entgegenblicken. Nicht nur die Republik, auch Sebastian Kurz selbst wird ausbaden müssen, wen er sich da als Partner in die Regierung holt. Zwar hat sich die FPÖ dieser Tage recht hübsch zurechtgemacht, sie bleibt aber eine im Innersten europafeindliche Partei, die offen mit Partnern kooperiert, die sich die Zerstörung des europäischen Projekts an die Fahnen geheftet haben. Und in der FPÖ sitzen Funktionäre, die immer noch und immer wieder an nationalsozialistischem Gedankengut anstreifen, sich rassistisch und antisemitisch äußern und ausländerfeindlich agieren. Dass man sich in Österreich mittlerweile daran gewöhnt hat und diesen Umstand als mehr oder minder lästige Gegebenheit hinzunehmen bereit ist, ändert nichts an dieser Tatsache.

Auch inhaltlich muss man sich Sorgen machen. Was Schwarz-Blau derzeit in Oberösterreich auf Schiene bringt, dürfte einen Vorgeschmack darauf bieten, was die Koalition im Bund vorhat. Gespart wird in Oberösterreich bei der Bildung, in der Kultur und bei den Familienleistungen. Dass in Kindergärten ein Nachmittagsbeitrag eingehoben werden soll, wird insbesondere alleinerziehende Mütter, die berufstätig sind, hart treffen. Flüchtlinge gelten in Oberösterreich, finanziell gesehen, als Menschen zweiter Klasse. Für Kurz und Strache hat dieser Weg durchaus Vorbildfunktion, wie sie mehrfach deponiert haben.

Dass das Innenministerium mit dem gesamten Polizeiapparat, der Verwaltung des Asylwesens und einer Fülle an sensiblen Daten, die dort zusammenlaufen, ausgerechnet den Freiheitlichen zufallen soll, muss einen mit Furcht erfüllen. Der Bundespräsident kann dem etwas entgegensetzen, indem er einzelne Kandidaten, die ihm nicht regierungstauglich erscheinen, oder eine Ressortbesetzung, die er für gefährlich hält, ablehnt. Ähnlich wie Klestil könnte Van der Bellen auch auf der Unterzeichnung einer Präambel zur Festschreibung demokratischer und europäischer Werte bestehen. Die Freiheitlichen haben bereits angekündigt, sie würden auch unterschreiben, dass die Erde eine Kugel ist, wenn es sein soll. Sie würden allerdings auch schriftlich festhalten, dass die Erde eine Scheibe ist, wenn es ihnen nur hilft, in die Regierung zu kommen. (Michael Völker, 24.10.2017)