Je fünfköpfige Teams von ÖVP und FPÖ verhandeln im Palais Niederösterreich über eine Regierungszusammenarbeit.

Foto: matthias cremer

Wien – ÖVP und FPÖ haben sich am Mittwoch in ersten offiziellen Koalitionsverhandlungen im Palais Niederösterreich in der Wiener Herrengasse auf das weitere Vorgehen geeinigt. Am Montag sollen die Gespräche mit einem "Kassasturz" fortgesetzt werden, kündigte ÖVP-Chef Sebastian Kurz an. Es handle sich um eine umfassende budgetäre Bestandsaufnahme. Dazu werden auch Experten aus dem Finanzministerium geladen. Wie berichtet ist die budgetäre Ausgangslage für die Republik zu Beginn der neuen Regierungsperiode günstig. Die finanzielle Bestandsaufnahme sei gleichsam "das Fundament" für alle weiteren Verhandlungen, sagte Strache.

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Generell werden die Verhandlungen in fünf "Clustergruppen" geführt, führte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache aus. Diese sind:

  • Soziales, Fairness, neue Gerechtigkeit
  • Standort
  • Zukunft
  • Sicherheit, Ordnung, Heimatschutz
  • Staat und Gesellschaft

Laut Strache sind das Oberbegriffe, darunter werde man laut Kurz eigene Fachgruppen bilden, die sich an den "bisher bestehenden Ministerien orientieren". Unter Soziales fallen etwa Pensionen, unter Staat Europapolitik. Am Dienstag sollen die Fachgruppen der Koalitionsverhandlungen die Gespräche beginnen. Die Namen der Fachgruppen- und Clustergruppensprecher sollen am Dienstag bekanntgegeben werden.

"Positives gegenseitiges Abtasten"

Kurz und Strache lobten die erste Verhandlungsrunde als konstruktiv. Der FPÖ-Chef betonte, dass die Gespräche "auf Augenhöhe" stattgefunden hätten, es habe "ein positives gegenseitiges Abtasten" stattgefunden. Er habe gesehen, dass hinter Kurz "ein aufrechter Mensch steht, der es ernst meint", dem es um die Sache und nicht um "Machtpolitik" gehe. Man habe gegenseitig vereinbart, keine Parallelverhandlungen mit anderen Parteien zu führen.

Auf einen Zeitrahmen für die Dauer der Verhandlungen wollten sich die beiden Parteichefs nicht festlegen. Das Ziel, bis Weihnachten fertig zu sein "ist da", sagte Kurz, letztendlich gehe aber Qualität vor Tempo. Strache will sich nicht an bestehenden Feiertagen orientieren, sondern dafür sorgen "dass der Tag der Regierungsbildung ein Feiertag für die Österreicher wird".

Keine Dritte Republik

Strache betonte auch die historische Bedeutung des ehemaligen Landhauses Niederösterreichs, in dem das Gespräch stattgefunden hat – immerhin sei an dem "wundervoll historischen Ort" einerseits die bürgerliche Revolution von 1848 angestoßen, andererseits 1918 die Erste Republik gegründet worden. Aber Strache, "ich darf Sie beruhigen", man wolle mit Schwarz-Blau auf der bestehenden Republik aufbauen.

Schon vor der ersten Gesprächsrunde hatte Kurz angekündigt, "grundsätzliche Fragen klären" zu wollen, "vielleicht einen Kassasturz" vorzunehmen und "Ziele zu definieren, wo wir gemeinsam hinwollen, was wir verändern wollen in diesem Land". Er wolle zügig verhandeln, an erster Stelle stehe aber die Qualität.

Zehn Tage nach der Wahl haben ÖVP und FPÖ Verhandlungen über eine Regierungszusammenarbeit aufgenommen. Mittwochmittag sind die Verhandlungsteams beider Parteien erstmals in der Wiener Innenstadt zusammengekommen. Beitrag aus der "ZiB" um 13 Uhr.
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Beide Parteichefs erschienen als Teil von je fünfköpfigen Verhandlungsteams; Kurz wurde flankiert von seinen Generalsekretären Elisabeth Köstinger und Stefan Steiner, ÖVP-Wien-Obmann Gernot Blümel und Casinos-Vorstandsmitglied Bettina Glatz-Kremsner. Das sei "ein Team aus Menschen, die ich kenne, die ich schätze, denen ich vertraue". Zu späteren Terminen will Kurz mehr Verhandler und Experten zuziehen.

Tipps für Strache

Strache traf in Begleitung von Generalsekretär Herbert Kickl, Vizeparteiobmann Norbert Hofer, Klubdirektor Norbert Nemeth und der Abgeordneten Anneliese Kitzmüller ein. Man habe sich in der Partei "seit Jahren auf so eine Situation vorbereitet", auch wenn er in seiner zwölf Jahre dauernden Parteiobmannschaft noch keine Koalitionsgespräche geführt hat, sagte Strache vor dem Termin. "Mit Sicherheit" habe er sich Tipps dafür geholt – von wem, wollte der FPÖ-Chef aber nicht sagen. (sefe, koli, 25.10.2017)