Der Stadtstrand von Palma galt als Erholungsgebiet für Einheimische. Statt Entspannung wird nun gemeinsam der Müll eingesammelt.

Foto: Mallorca Blue

Palmas Stadtstrand Can Pere Antoni ist von Palmen gesäumt und liegt an Mallorcas Südseite, in einer ausladenden Bucht. Viele Städter kommen auf dem Fahrrad oder mit dem Bus zum Baden, andere legen beim Joggen einen Zwischenstopp ein. Seit Mai ist der Strand allerdings so gut wie leer. Der weiche, helle Sand ist übersät von Unrat, im trüben Wasser treiben Plastik und Fäkalien. Am letzten Oktoberwochenende trafen sich nun 200 Einheimische zum Saubermachen. Der Strand ist 750 Meter lang und 15 Meter breit, zusammengetragen haben sie 900 Kilogramm Müll.

Neben Feuchttüchern und Ohrenstäbchen, die manche Leute noch immer über die Toilette entsorgen, haben die Helfer auch viel halbverbranntes Plastik eingesammelt. Das machte sie stutzig. Umweltschützer hegen schon länger einen Verdacht. Beim Ausbau des Hafens sollen im Mai und Juni schlecht verbrannte Reste aus Mallorcas Müllverbrennungsanlage als kostenloses Füllmaterial benutzt worden sein. Die Bau stelle in der Bucht von Palma liegt zweieinhalb Kilometer vom Strand entfernt.

Die Hafenbehörde und Tirme, die Betreiberfirma der Müllverbrennungsanlage, bestreiten das. Man habe aufbereitete Schlacke benutzt, die als Sekundärbaustoff zum Beispiel beim Straßenbau zugelassen ist. Im Meer wurde sie spanienweit aber noch nie verwendet; und es gibt auch keine Richtlinien, weder vom Umweltministerium noch von der Umweltbehörde der Balearen. Tirme-Sprecher Joan Mateu sagt, die Verwertung von Verbrennungsresten sei "ein wichtiger Schritt zur Kreislaufwirtschaft".

Taucher entdeckte Hausmüll

Alarm hatte Ende Mai der Industrietaucher David Puigros geschlagen, der an den Bauarbeiten beteiligt war. Er sah zunächst unter Wasser und dann am Kai, dass das Füllmaterial nicht aus Schlackestücken bestand, sondern aus "Asche, vermischt mit deutlich identifizierbarem Hausmüll". Puigros konnte Teile von Gabeln, Plastiktüten oder Schuhen erkennen, die ohne effiziente Abgrenzungen direkt ins Wasser gekippt wurden. Schwimmende Barrieren, die die Baustelle oberflächlich abgrenzten, "wurden ständig auf- und zugemacht, damit die Frachtschiffe durchfahren konnten." Kurze Zeit später sah Puigros, wie sich die ersten Abfälle in den Barrieren verfingen oder davondrifteten, dem Strand entgegen. Wenige Tage später fand Puigros dort tatsächlich halbverbrannten Müll wieder. Er informierte die Umweltbehörde.

Die ließ rund drei Wochen später die Bauarbeiten stoppen, nachdem bereits 60.000 Kubikmeter ins Meer geschüttet worden waren. Insgesamt werden für das Projekt 570.000 Kubikmeter Füllmaterial benötigt. Das Meer ist dort bis zu 16 Meter tief, und der Kai soll um 370 Meter verlängert werden, um Kreuzfahrtschiffen und Fähren mehr Raum zu geben. Die Umweltbehörde hat Anfang Oktober ein Sanktionsverfahren gegen die Hafenbehörde und gegen Tirme eingeleitet, weil sie keine Umweltverträglichkeitsstudie eingereicht und die Verwaltung nicht ausreichend informiert hatten.

Kein Abfallgesetz

Beide wollen Beschwerde einreichen, unter anderem, weil der Einsatz von Schlacke auf den Balearen gar nicht geregelt ist. Die Balearen haben es seit Gründung der autonomen Region 1983 nicht geschafft, ein Abfallgesetz zu verabschieden.

Bislang konnte niemand den Zusammenhang zwischen dem Treibgut am Strand und dem Füllmaterial im Hafen beweisen. Wasserproben der Hafenbehörde haben keine chemische Veränderung des Wassers gezeigt. Die Forderung der Umweltschutzgruppe GOB nach unabhängig durchgeführten Analysen hat die Hafen behörde abgelehnt. Und Tirme-Sprecher Joan Mateu wendet ein: "Bei Verbrennungstemperaturen von mehr als 800 Grad bleibt kein Plastik übrig."

Anonymen Quellen zufolge soll es in der Anlage aber eine Sonderdeponie für schlecht verbrannte Abfälle geben, denn wenn im Sommer täglich bis zu 2000 Tonnen Müll entsorgt werden müssen, können Engpässe entstehen. "Schlecht verbranntes Plastik ist besonders hoch mit Furan und Dioxin belastet", so Spaniens ehemaliger Greenpeace-Chef Xavier Pastor. Er fordert eine externe Prüfung der Anlage. Die bräuchte auch Palmas Kläranlage. Sie ist am Rande ihrer Kapazitäten und läuft bei Regen regelmäßig über. Dann fließt durch die Unterwasser leitungen vieles von dem in die Bucht von Palma, was eigentlich geklärt werden sollte. (Brigitte Kramer aus Palma, 2.11.2017)