In den Köpfen einiger Politiker und Ökonomen spukt es. Ein Geist aus alten Tagen ist zurück: das Nulldefizit. Dieses Konzept, das einst Finanzminister Karl-Heinz Grasser für Österreich propagierte, hat die schwarz-blaue Landesregierung in Oberösterreich soeben für sich entdeckt. 2018 wollen die Oberösterreicher keine neuen Schulden mehr machen. Der Chef des Fiskalrats, Bernhard Felderer, ermahnt die Koalitionsverhandler von ÖVP und FPÖ dazu, diesem Pfad im Bund zu folgen. In Zeiten der Hochkonjunktur solle ein Nulldefizit erreicht werden, um für schlechtere Zeiten vorzubauen, so Felderer.

Doch ist ein Nulldefizit für Österreich sinnvoll? Bei näherer Betrachtung spricht alles dafür, das Konzept weiter auf dem Friedhof für politische Ideen zu belassen.

Eine zentrale Variable, um die Finanzsituation eines Landes zu bewerten, ist das Verhältnis der Schulden zur Wirtschaftsleistung. Dieser Vergleich sagt etwas darüber aus, wie nachhaltig die Finanzen eines Landes aufgestellt sind. Einem schnell wachsenden Land mit sprudelnden Steuereinnahmen und höheren Schulden wird jeder Investor eher Geld borgen als einem Land, das zwar wenig Verbindlichkeiten hat, aber auch wenig Brauchbares herstellt.

Österreich ist in diesem Punkt besser durch die Krise gekommen als viele andere große Industrieländer, beispielsweise die USA oder Großbritannien. Die Staatsverschuldung ist zwar auf mehr als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung gestiegen. Doch die Quote wird in den kommenden Jahren stark sinken. Die Konjunktur brummt, das Land kann so seinen Verbindlichkeiten entwachsen. Zudem wird die Staatsschuld in den kommenden Jahren sinken, weil die Bankenhilfen am Ende weniger kosten werden als angenommen.

Guter Ausblick

Die Ökonomen vom Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo prognostizieren für 2022 eine Schuldenquote von 64 Prozent, ohne jede Einsparung. Der Ausblick ist gut. Bei anderen Variablen sieht es sogar besser aus. Die Ausgaben für Zinsen gemessen an den Steuereinnahmen waren dank des günstigen Umfelds noch nie so niedrig wie derzeit.

Ein Nulldefizit hat seinen Preis, und der heißt in der Regel Einsparungen. Am Beispiel Oberösterreich: Da müssen alle Ressorts zehn Prozent ihres Budgets zusammenstreichen. Gespart wird an höchst sensiblen Stellen, wie etwa bei der Kinderbetreuung am Nachmittag. Würde der Bund dem Linzer Vorbild fürs kommende Jahr nacheifern, müssten auch hier Leistungen gekürzt werden.

Staatliche Förderungen und Ausgaben dürfen hinterfragt werden. Aber kluge Politik sollte einen sachlichen Zugang wählen, also abwägen, was konkrete staatliche Leistungen kosten und was sie bringen. Gegen vorsichtige Budgetpolitik spricht nichts. Keinen Sinn macht es aber, ein ausgeglichenes Budget zum Fetisch zu erheben. Zumal sich jetzt, da die Zinsen niedrig sind, eine gute Gelegenheit bietet, zentrale Zukunftsinvestitionen anzugehen. Eine ökologische Wende im Straßenverkehr will ebenso finanziert werden wie bessere Schulen und Kindergärten. (András Szigetvari, 1.11.2017)