Bei Peter Pilz regt sich immerhin der Funke einer Einsicht.

Foto: Christian Fischer

Dass eine politische Bewegung schon wieder gestorben ist, noch ehe ihre Abgeordneten überhaupt im Nationalrat angelobt werden konnten, ist eine Novität in dieser Republik. Mag sein, dass die eine oder der andere Abgeordnete der Liste Pilz in dieser Legislaturperiode noch etwas Gescheites zu sagen haben wird, als politisches Projekt ist diese Initiative, die ohnedies nie eine Partei sein wollte, mit dem Abgang ihres Gründers und Namensgebers Peter Pilz aber vollkommen irrelevant geworden – und mausetot.

Für die Grünen ist das zum einen bitter, für viele ihrer Funktionärinnen und Funktionäre aber auch eine Befriedigung und Erleichterung. Neben kräftigem eigenem Zutun hat letztlich das Antreten von Pilz entscheidend zum Hinauswurf aus dem Parlament beigetragen. Und das Ganze jetzt für nichts, für einen makaberen politischen Scherz, der letztlich nur dazu führt, das rechte Lager im Land zu stärken und zu befestigen. Da haben sich die Wählerinnen und Wähler der Liste Pilz ein schönes Eigentor geschossen. Erleichternd mag für die Grünen sein, dass sich die Konkurrenz durch Pilz damit erledigt hat. Dessen Überlegung, auch in einzelnen Bundesländern anzutreten, hätte dort für die Grünen existenzgefährdend sein können.

Sexuelle Belästigung als "politische Inkorrektheit"

Wer auch immer die Unterlagen zu den Vorwürfen der sexuellen Belästigung gezielt an die Medien hinausgespielt hat, hatte nicht das Interesse der Betroffenen, die das ausdrücklich nicht wollte, im Auge, sondern nur die Abrechnung mit Pilz, die dazu führen musste, dass seine Karriere beendet würde. Dass sich noch weitere Frauen melden würden, die von einem übergriffigen und respektlosen Verhalten des Politikers zu berichten wissen, war jenen klar, die Pilz besser kennen. Es passt übrigens gut in das Gefüge dieser Debatte, dass sich nun in eitler Manier Medienmänner wie von "Profil" und "Falter" stolz auf die Brust klopfen, um den Abschuss dieses doch recht stattlichen Exemplars eines Silberrückens für sich in Anspruch zu nehmen.* Auch hier noch wird mit männlichem Imponiergehabe gezeigt, gemessen und verglichen.

Pilz selbst hat bei seiner Abschiedsvorstellung ein paar kluge und beachtliche Worte gesagt, dass man eben auch als (alter) Mann klüger werden könne und müsse und dass es nicht um die eigene Wahrnehmung, sondern nur um jene der betroffenen Frauen gehe. Damit hat er zweifellos recht, und immerhin regt sich hier der Funke einer Einsicht. Gleichzeitig hat es Pilz aber verabsäumt, sich genau bei diesen Frauen dezidiert zu entschuldigen und die Schuld ohne Relativierung auf sich zu nehmen. "Da wird bei mir schon etwas gefehlt haben" ist weder ein Schuldeingeständnis noch eine Bitte um Verzeihung, sondern genau jene Verniedlichung sexueller Übergriffigkeit, die die Debatte so schwierig und oft auch ungustiös macht.

Indem sich Pilz als Opfer einer politischen Intrige darstellt und die sexuelle Belästigung von Frauen locker mit politischer Inkorrektheit gleichsetzt, verharmlost er das Geschehene. Das ist ein typisch männlicher, aber nicht nur Männern vorbehaltener Zugang und keinesfalls ein hilfreicher Beitrag zu der ohnedies heiklen Debatte über den Umgang mit sexueller Belästigung bis hin zu sexueller Gewalt, wie sie etwa auch im STANDARD anlässlich eines Gastbeitrags derzeit recht intensiv geführt wird. So ärgerlich mancher Beitrag sein mag, wichtig ist, dass diese Debatte in Gang gekommen ist und ohne Scheu geführt wird. (Michael Völker, 5.11.2017)