Auch Skistar Anna Veith lag mit ihrem Verein zeitweise im Streit.

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Wien – Österreich ist ein Land der Vereine, jede und jeder Zweite ist laut Statistik Mitglied in einem Verein. Vor allem Sportvereine stehen durch ihre Stars im Fokus der Aufmerksamkeit. Doch was passiert, wenn Mitglieder sich vom Vereinsmanagement übervorteilt fühlen oder gar Funktionäre anzeigen? Ein Streit zwischen einer Sportlerin und ihrem Verein ging durch alle Instanzen zum Obersten Gerichtshof. Das Ergebnis könnte Vereinsmitgliedern Mut machen, stärker für ihre Rechte einzutreten.

Regelmäßig fördern und unterstützen Sportvereine ihre Mitglieder und sind oft selbst Mitglieder internationaler Verbände. Die Teilnahme an Wettbewerben, die von einem Verband veranstaltet werden, ist in aller Regel an die Vereinsmitgliedschaft gebunden, eine Karriere als Spitzensportler ohne Verein daher faktisch nicht möglich.

Kommt es zu internen Auseinandersetzungen, können sich Sportler plötzlich mit der ganzen Macht des Vereins konfrontiert sehen. Damit auch in so einem Fall die Rechte der Mitglieder gewahrt bleiben, sieht § 8 Vereinsgesetz (VerG) zwingend die Einrichtung einer internen Schlichtungsstelle in den Vereinsstatuten vor. Vor dieser sind "Streitigkeiten aus dem Vereinsverhältnis" auszutragen, wobei sechs Monate nach deren Anrufung der Rechtsweg vor ein ordentliches Gericht offensteht.

In der Praxis geraten Spitzensportler aber oft zwischen die Mühlen der unterschiedlichsten Interessen. Öffentliche Streitigkeiten mit Vereinen, wie das etwa bei Anna Veith und Markus Rogan der Fall war, zeigen, wie schwierig das Verhältnis zwischen Spitzensport und Funktionärsverein sein kann.

Interne Schlichtungsstelle

In der aktuellen Entscheidung (OGH 21.9.2017, 7 Ob 51/17 a) hatte der Oberste Gerichtshof einen Fall zu beurteilen, in dem ein Mitglied eines Sportvereins die Vereinsleitung vor der internen Schlichtungseinrichtung anzeigte. Grund war eine langjährige Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Personen, aufgrund derer das Mitglied den dringenden Verdacht hatte, die Vereinsleitung habe ihre Teilnahme an einer Sportveranstaltung unrechtmäßig verhindert.

Als die Schlichtungseinrichtung die Verfolgung gegen die Vereinsleitung einstellte und die daraufhin angerufenen Disziplinaranwälte des Vereins eine Fortführung des Verfahrens ablehnten, wandte sich die Sportlerin an die ordentlichen Gerichte, klagte den Verein und begehrte, dass die vereinsinterne Entscheidung über die Nichtfortführung für unwirksam erklärt wird. Unter anderem bestand der begründete Verdacht, dass ein Richter der internen Schlichtungsstelle befangen war.

Bereits das Erstgericht gab der Klägerin Recht und erklärte einen Richter als befangen. Der beklagte Verein ging in die Berufung und zog bis vor den OGH. Dieser bestätigte die Vorinstanzen. Der OGH stellt klar, dass jedes einzelne Vereinsmitglied – unabhängig von einer finanziellen Betroffenheit – Anspruch auf statuten- und rechtskonforme Entscheidungen hat, weil ihm durch die Statuten subjektive Rechte eingeräumt werden, wie hier die Fortführung des Verfahrens. Weiters hält der OGH fest, dass auch die Untätigkeit einer internen Schlichtungsstelle vor einem ordentlichen Gericht bekämpft werden kann.

Faustregel

Als Faustregel gilt: Ist eine Entscheidung eines Vereinsorgans rechtswidrig oder "sittenwidrig" oder werden grundlegende Verfahrensregeln bei der Entscheidungsfindung missachtet, ist die Unwirksamkeit der Entscheidung auf Antrag gerichtlich festzustellen. Diesen Anspruch auf rechtskonformes Vereinsverhalten hat jedes einzelne Mitglied, dem in gravierenden Fällen daher eine Betroffenheit und somit Klagebefugnis zugestanden wird.

Die Entscheidung erweitert den Schutz für Vereinsmitglieder, die in Konflikt mit ihrem Verein geraten. Trotz der oftmals faktischen Übermacht der Vereine ist es möglich, sich zur Wehr zu setzen. (Sebastian Mahr, 7.11.2017)