Die Performerin Katharina Senk und ihre Leiter in "Antonio's imaginary workshop".

Foto: Ziegler

Wien – Ein Mann als Skulptur, die zum Leben erwacht, eine Frau, deren Bauch sich zu einer Kuppel wölbt, und eine Figur, die eine Leiter auf ihrem Becken balanciert: Das ist die Trinität, die Georg Blaschke in seinem neuen Stück Antonio's imaginary workshop vorstellt, das im "Museum" des Wuk uraufgeführt wurde – als (nach I don't remember this body im April) abermals gelungene Arbeit des Wiener Choreografen.

Seine zusammen mit Jan Machacek erarbeitete Performance zum Körper zwischen Realität und Virtualität hatte Blaschke mit Bildern des Malers Rudolf Goessl konfrontiert. Jetzt bezieht er sich auf die Skulpturen von Antonio Mak (Hongkong, 1951-1994), in denen Körper verdreht, unterbrochen und mit Objekten wie etwa Leitern kombiniert erscheinen.

Eingangs bringt der slowenisch-österreichische Tänzer Tomaz Simatovic als lebendes Standbild sein Körperinneres in Bewegung – ganz so, als ob unter seiner Haut etwas Hand an seine äußere Erscheinung legte. Ein inwendiger Antonio Mak wird durch den Choreografen erweckt und von Simatovic wie ein Alien gefangengehalten. Der Fremdkörper spielt mit seinem Wirt, es kommt zum Kampf. Dieses Motiv setzt sich im anschließenden zweiten Solo fort.

Wien in Trance

Da wirkt die Tänzerin Manaho Shimokawa, als befinde sie sich in Trance, und dieser Zustand zwinge sie, sich halb zu entkleiden und an den Rand einer Ekstase zu geraten. Dabei bläht sich ihr Bauch gewaltig auf wie die Scheinschwangerschaft einer von Einbildungen Besessenen, deren Widersprüche ihren Körper von innen heraus zu grotesken Stellungen verformen.

Im abschließenden dritten Solo ist die Geburt geschafft, doch sie bleibt untrennbar mit dem Körper verbunden. Die Performerin Katharina Senk hat eine Mak'sche Leiter zu tragen, ein nicht zu Ende gekreißtes Ding, das seiner eigentlichen Bestimmung entzogen und zum Teil ihrer Anatomie geworden ist. Auf diese Leiter wird die Tänzerin niemals klettern, um irgendwo hinaufzukommen.

Eine absurde Situation, aus der es keine Rettung gibt und in der sich Senk bewegt wie eine Parodie auf den weißblonden Androidengolem Pris im Film Blade Runner. Eine vordergründigere, eher freudianische Lesart ließe die Leiter als Phallussymbol erscheinen und einen letztlich ironischen Geschlechterdiskurs im Spektrum zwischen Penisneid und Selbstermächtigung der Frau zu.

Golem aus Ton formen

Dieser Witz macht die Stärke von Antonio's imaginary workshop aus. Und er erinnert auch an die hintergründige Absurdität der Performance Kompositum III / Golem, die das Wiener Künstlerduo kozek hörlonski im Sonnwendviertel südlich des Hauptbahnhofs aufgeführt hat.

Da konnte das Publikum anfangs in einem Workshop jeweils seinen oder ihren eigenen Golem aus Ton formen und mit einem Auftrag ausstatten. Anschließend folgte man einem Golem-Gestell, das durch die Gassen zwischen den grauenvollen, alibibehübschten Wohn- und Bürokästen in diesem neuen Stadtraum geschoben wurde. Es war ein grenzwertiges Erlebnis mit Folgetermin am 15. November. (Helmut Ploebst, 5.11.2017)