Lud am Montag die Medien zu einem spontanen "Hintergrundgespräch", bei dem er seine Aufzeichnungen zur eigenen Causa verteilte: Listengründer Peter Pilz, der sein Mandat nicht annimmt.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Nach Publikwerden der Vorwürfe wegen sexueller Belästigung in zwei Fällen sorgte Peter Pilz, Listengründer und Ex-Grüner, Montagfrüh zunächst für Verwirrung: Nachdem er im Ö1-Morgenjournal angedeutet hatte, bis Mittwoch "endgültig" über seine künftige Rolle in seiner Partei zu entscheiden, stand im Raum, dass Pilz sein Mandat bei der konstituierenden Sitzung des Nationalrats am Donnerstag doch annehmen könnte. Doch bei einem fast zweistündigen Hintergrundgespräch in seinem Büro zu Mittag erklärte der Langzeitpolitiker dann, dass es bei seinem Mandatsverzicht bleibe: "Aus. Schluss. Ich will nimmer – und das ist das erste Mal seit 31 Jahren. Es gilt. Punkt."

DER STANDARD

Einblick ins Tagebuch

"Ich will nimmer" bedeutet jedoch nicht, dass Pilz endgültig abtritt: Denn es bleibt dabei, dass er sich weiterhin bei seiner Liste und in die Politik einbringen will – nur eben außerhalb des Parlaments.

Zu den gegen ihn von einer Mitarbeiterin im grünen Klub erhobenen Vorwürfen erklärte Pilz erneut, dass er von der grünen Klubleitung nie die Chance einer gerichtlichen Klärung bekommen habe – und dabei zitierte er immer wieder aus seinen Tagebucheintragungen seit Ende 2015, die er danach an Journalisten verteilte.

Neu waren jedoch Hinweise von Pilz, dass "die Person", die in der Gleichbehandlungsanwaltschaft "für meinen Fall zuständig" war, die Nummer 21 auf der Bundesliste der Neos und ihre Spitzenkandidatin im Burgenland bei der Nationalratswahl gewesen ist. Für Pilz stellten sich "in diesem Zusammenhang Fragen". Ob er vermute, dass Dokumente von dort aus geleakt worden seien? Pilz dazu: Es gäbe "nur zwei Möglichkeiten" – nämlich, dass es "eine Person" der grünen Klubleitung oder jemand in der Gleichbehandlungsanwaltschaft war. Sein Befund: Es "wäre gut gewesen, sich befangen zu erklären".

Die von der mutmaßlich belästigten Klubmitarbeiterin eingeschaltete Institution schließt ein Leck jedoch "absolut" aus.

Worauf Pilz ebenfalls hinwies: Dass einer der zwei Zeugen des Vorfalls in Alpbach, die ihn gemäß Falter nach Begrapschen einer Mitarbeiterin der Europäischen Volkspartei von der Frau weggedrängt haben sollen, bei der Nationalratswahl für die SPÖ kandidiert hat – konkret auf Platz 15 der Bundesliste.

Filmriss in Alpbach

Ansonsten erklärte Pilz, der sich an die Angelegenheit noch immer nicht erinnern könne, gerade dabei zu sein, den Abend "Stück für Stück" zu rekonstruieren – im Detail, mit wem er sich beim Europäischen Forum alles unterhalten habe. Mittlerweile habe er der EVP-Mitarbeiterin auch seine Nummer übermitteln lassen, damit er sich bei ihr entschuldigen könne.

Seine langen Ausführungen konzentrierten sich aber vor allem darauf, wie es zu dem Zerwürfnis mit der Grünen-Mitarbeiterin und der Grünen-Klubspitze kam. Dazu kritisierte er, dass er über die Vorwürfe bis heute nicht schriftlich informiert worden sei – und quasi nur Stück für Stück. Etwa, dass zu Vorhalten verbaler Belästigung erst später auch tätliche Vorwürfe hinzugekommen seien.

Dazu betonte Pilz erneut, dass er stets ein öffentliches zivilrechtliches Verfahren anstrengen wollte oder auch den Gang zur Gleichbehandlungskommission, was jedoch die Zustimmung der Mitarbeiterin erfordert hätte.

Parteiintern hätten ihm Eva Glawischnig, Dieter Brosz und Co zu verstehen gegeben, dass sie sich auch eine Art internes Schiedsgericht in der Causa vorstellen könnten – was Pilz jedoch als "Tribunal" abgelehnt habe, weil das wohl in seinem Rücktritt münden sollte.

Von Schuhen und Reimen

Das Verhältnis zu seiner ehemaligen Sekretärin und Assistentin, die laut Pilz ebenso "ausgezeichnet" wie "ehrgeizig" gewesen sein soll, habe sich aus seiner Sicht ab dem Moment verschlechtert, in dem sie immer intensiver auf eine Beförderung zur Referentin gedrängt habe.

Körperliche Übergriffe wie Kussversuche wies Pilz auch am Montag vehement zurück. Er räumte aber ein, dass es etwa auf dem Weg zurück ins Büro einmal zu einem gemeinsamen Schuhkauf gekommen sei, wo er wissen wollte, ob dieses Paar schön sei.

Etwas skurril muteten Pilz' Ausführungen an, dass ihm der Reim "Was hilft das Höschen aus Paris, ist das Mädchen drunter mies" seit seiner Kindheit völlig geläufig sei – der Spruch entstammt laut seinen Angaben einem Film aus dieser Zeit.

Gemeinsam mit seinem Anwalt Alfred Noll, jahrelanger Mitstreiter und Neo-Abgeordneter, will Pilz nun jedenfalls rechtliche Schritte prüfen – allerdings nicht gegen die Grünen-Mitarbeiterin, die nie an die Öffentlichkeit gedrängt habe, aber: "Ja, wir überlegen durchaus, möglicherweise medienrechtliche Schritte zu ergreifen."

Details dazu nannte Pilz nicht – mit Donnerstag, dem Tag der Konstituierung des neuen Nationalrats, will er jetzt für einige Zeit abtauchen. (Nina Weißensteiner, Video: Katrin Burgstaller, 6.11.2017)