Peter Pilz recherchiert in eigener Sache, er sieht eine Verschwörung. Über seine politische Zukunft hat er noch nicht entschieden.

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Wien – Peter Pilz ist in einem Ausnahmezustand, in jeder Hinsicht. Politisch und persönlich. Und in den Onlineforen tobt die Schlacht der Gegner und Anhänger von Pilz, dem mehrfach sexuelle Belästigung von Frauen vorgeworfen wird. Ein übler Sexist sei er, sagen die einen, ein Opfer von politischen Intrigen, sagen die anderen.

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Im Ausnahmezustand ist auch die von Pilz gegründete Liste, die dieser Tage ohne ihren Parteichef, der er ja formal noch ist, auskommen muss, aber nicht weiß, ob und wie lange dieser Zustand anhalten wird. Gesucht wird jedenfalls einmal ein Klubchef oder eine Klubchefin, am Mittwoch soll die Entscheidung bekanntgegeben werden.

Unter den acht neuen Abgeordneten, die am Donnerstag im Nationalrat angelobt werden sollen, gibt es einige wie etwa Peter Kolba, die noch darauf hoffen, Pilz dazu überreden zu können, sein Mandat anzunehmen. Kolba veröffentlichte auch eine Onlinepetition mit dem Titel "Peter Pilz soll Nationalratsmandat annehmen", die allerdings noch bescheidene Unterstützung verbuchte.

Mandatsverzicht

Andere wie etwa Wolfgang Zinggl sehen das pragmatisch: "Egal was wir wollen, er hat deutlich gesagt, dass er sein Mandat nicht annehmen wird." Zinggl ist wie Pilz ein ehemaliger Grüner und einer seiner Vertrauten. "Die derzeitige Medienwelle ermöglicht es Pilz gar nicht, eine politische Funktion vernünftig auszuüben. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen", sagt Zinggl im Gespräch mit dem STANDARD. Für den Fall, dass sich Pilz doch noch entscheiden sollte, sein Mandat anzunehmen, sagt Zinggl: "Ein schlagkräftiger Pilz wäre mir jedenfalls lieber als eine außerparlamentarische Opposition durch ihn." Glauben tut Zinggl daran aber nicht.

Pilz hatte sich am Montag – nach einigem Hin und Her – dazu durchgerungen, sein Mandat doch nicht anzunehmen. Für die Entscheidung über seine weitere politische Zukunft wollte er sich noch bis Mittwoch Zeit nehmen. Wie die ausschauen soll, wissen auch die neuen Abgeordneten nicht.

Tribunal der Klubleitung

Pilz selbst nährt die Spekulationen, bei den Vorwürfen gegen seine Person handle es sich um eine politische Intrige. Die Vorwürfe einer ehemaligen Mitarbeiterin aus dem grünen Klub, die gegen deren Willen publikgemacht wurden, werden auch von Mitstreitern, die von den Grünen zur neuen Liste gewechselt sind, infrage gestellt. Zinggl sieht das ebenso skeptisch wie die ehemalige Abgeordnete Daniela Musiol. Sie hatte sich für ein internes Schlichtungsverfahren ausgesprochen, das allerdings nicht zustande kam. Mehrere ehemalige Grüne berichten von einem angeblich geplant gewesenen "Tribunal" der Klubleitung.

Laut einem Bericht des Kurier erheben mehrere grüne Frauen, die allerdings anonym bleiben, Vorwürfe gegen Pilz. Dass Pilz sagt, er hätte nie eine Frau belästigt, sei "eine glatte Lüge", wird eine Frau zitiert.

Die Staatsanwaltschaft Wien will laut APA jetzt prüfen, ob in der Causa Pilz ein Anfangsverdacht einer strafbaren Handlung gegeben ist, der konkrete Ermittlungen rechtfertigen könnte.

Vorfälle verjährt

Sexuelle Belästigung ist prinzipiell (sofern nicht mit Gewaltanwendung begangen) nach dem Paragrafen 218 StGB strafbar. Die Ergänzung (1a), wonach "auch zu bestrafen (ist), wer eine andere Person durch eine intensive Berührung einer der Geschlechtssphäre zuzuordnenden Körperstelle in ihrer Würde verletzt", trat allerdings erst mit 1. Jänner 2016 in Kraft. Und: Da die Strafdrohung "bis zu sechs Monate" ist, beträgt die Verjährungsfrist nur ein Jahr. Somit wären die beiden öffentlich diskutierten Vorfälle im Hinblick auf Paragraf 218 bereits verjährt.

Der Paragraf 218, Abs. 1a ist zudem ein Ermächtigungsdelikt: Das heißt, die Staatsanwaltschaft kann zwar – auch ohne Anzeige – prüfen, ob ein Anfangsverdacht gegeben ist. Aber die strafrechtliche Verfolgung ist "nur mit Ermächtigung der belästigten Person" möglich. Die Staatsanwaltschaft müsste, ehe sie in einem solchen Fall Anklage erhebt, das Opfer fragen, ob es damit einverstanden ist. (Michael Völker, 7.11.2017)