Ednan Aslan, Verfasser der Studie über Islamkindergärten in Wien.

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Rektor Heinz W. Engl und Stephan Rixen (zugeschaltet), Leiter der Kommission der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität, bei der Präsentation am Mittwoch.

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Wien – Man sei zu dem Schluss gekommen, dass bei der umstrittenen Kindergartenstudie des Wiener Islamwissenschafters Ednan Aslan im juristischen Sinn "kein wissenschaftliches Fehlverhalten" vorliege, berichtete Stephan Rixen, Leiter der Kommission der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI), am Mittwoch vor Journalisten. Dieses Ergebnis der Prüfung bedeute aber nicht, dass die Forschung von Aslan "nobelpreisträchtig" wäre.

Uni-Wien-Rektor Engl kritisiert die Aslan-Studie.
DER STANDARD

Im Gegenteil: Die fünf beauftragten Gutachter hätten "sehr deutliche Kritik an der wissenschaftlichen Güte und Qualität" geäußert, betonte Heinz W. Engl, Rektor der Universität Wien. Doch seien es zwei ganz unterschiedliche Fragestellungen, ob Aslan vorsätzliche Verstöße gegen die wissenschaftliche Praxis vorgeworfen werden können, was verneint wurde, oder ob es sich "um eine gute, mittelmäßige oder schlechte Studie" handle. Für Engl sei es jedenfalls "keine tolle Studie".

Die Pilotstudie zu islamischen Kindergärten, die zum Ergebnis kam, dass in Wiener islamischen Kindergärten Parallelgesellschaften herangezüchtet würden, wurde vom Integrationsministerium beauftragt und finanziert. 2015 wurden erste Zwischenergebnisse vorgelegt, deren Wissenschaftlichkeit schon damals hinterfragt wurde. Im Sommer stand der Vorwurf im Raum, Mitarbeiter des von Sebastian Kurz (ÖVP) geführten Ministeriums hätten Einfluss auf Teile der Arbeit genommen.

Einfluss steht "außer Streit"

Für die Kommission stehe "völlig außer Streit, dass Einfluss vom Ministerium genommen wurde", sagte Rixen. Im Fördervertrag gebe es keine Vereinbarung, dass das Ministerium Anmerkungen zum Abschlussbericht abgeben dürfe, trotzdem sei dies passiert. In der Endphase sei zudem "sehr intensiv zusammengearbeitet" worden.

Präsentation der Evaluierung der Kindergartenstudie.

Die Beamten hätten neben sprachlichen Anmerkungen auch "Verdeutlichungen" eingefügt. Ein Problem seien jedoch "Inhaltsverschiebungen", die "wissenschaftlich nicht nachvollziehbar" seien. Etwa eine Stelle, die erst lautete, dass auch muslimische Eltern in den Kindergärten für ihre Kinder "Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit der Kinder, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme und Geborgenheit, Selbstständigkeit und Transparenz der Regeln" suchten, und später in "besonders wichtig ist ihnen, dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden" geändert wurde.

Diese "seltenen Fälle" seien zwar "grobe Mängel", hätten aber nicht die Studie geprägt. Aslan hätte gegenüber der Kommission erklärt, alle Änderungen seien von ihm ausgegangen.

Schwächen in Methodik

Kritik wurde von den Gutachtern auch an der Methodik der Studie geäußert. So seien "zu pauschale Aussagen" getroffen worden, betrachte man die kleine Zahl der untersuchten Fälle, berichtet der Jurist Rixen. Für die Sozialwissenschafterin Ulrike Felt, die Teil der vorangegangenen internen Prüfungskommission der Uni Wien war, fehlte es klar am "Know-how" sozialwissenschaftlichen Arbeitens.

Zudem hätten, so Felt, keine generellen Aussagen auf Basis der Studie getroffen werden dürfen, maximal hätte man die Untersuchung "für interne Zwecke" nutzen dürfen: "Um zu sagen, wo man genau hinschauen könnte." Jedenfalls hätte die Pilotstudie "nie an die Öffentlichkeit gehen sollen", sagte Felt dem STANDARD. Für die Uni Wien ist nun klar, dass es Konsequenzen geben muss. Es brauche "ein Regelwerk" für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik, damit künftig der Anschein der Manipulation von Wissenschaft nicht mehr vorliegen könne, sagte Engl: "Wissenschaftliche Ergebnisse können nicht verordnet oder bestellt werden." Auch solle überdacht werden, ob Pilotstudien, die als Basis für weitere Forschung dienen, "in politisch heiklen Fällen" veröffentlicht werden sollten.

Kurz: Fehlentwicklungen auch ohne Studie feststellbar

Um zu sehen, dass es hier Fehlentwicklungen gebe, brauche es gar keine Studie, so Kurz. Der Vorwurf der Kritiker sei aber gewesen, dass die Studie manipuliert worden sei, und das sei "falsch". Nun solle man nicht andere Themen in den Vordergrund rücken, er habe auch nie den Vorwurf gehört, dass es problematisch sei, eine Pilotstudie zu präsentieren. Gegen Aslan habe es vom Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) "und anderen fast eine Rufmordkampagne" gegeben. Sie sollten nun nachdenken, wie sie damit umgehen, dass wochenlang etwas behauptet wurde, das "unrichtig" sei.

Aber auch die SPÖ sieht sich durch den Prüfbericht bestätigt: Der für Kindergärten zuständige Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ) verwies auf "grobe Mängel" der Expertise und beklagte die Instrumentalisierung der Studie durch die Politik. (Oona Kroisleitner, 8.11.2017)