Viele Hinweise kamen aus den Bezirken Voitsberg und Graz-Umgebung.

Foto: APA/ELMAR GUBISCH

Die Polizei ist im Dauereinsatz.

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"Auch wurde er wohl mehr gesehen, als tatsächlich möglich ist", sagte der Einsatzleiter. Trotzdem wurde allen Hinweisen nachgegangen.

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Graz/Stiwoll – Den Einsatzkräften wurde vom ersten Tag der Suche nach dem mutmaßlichen Todesschützen von Stiwoll an "sehr, sehr viel abverlangt", sagte Polizei-Einsatzleiter Manfred Pfennich am Donnerstag. Die Suche gehe weiter, wenn auch mit verminderten Kräften, und "die Hinweise aus der Bevölkerung reißen ja nicht ab". Der Polizei-Oberst betonte, dass "wirklich jedem Hinweis" bisher nachgegangen worden sei.

An dem Sonntag Ende Oktober sei er wie viele Kollegen aus der Freizeit heraus in den Einsatz in Stiwoll gegangen und einige Tage lang kaum aus der Uniform herausgekommen, schilderte der Bezirkspolizeikommandant von Graz-Umgebung die ersten Tage der Suche nach jenem 66-Jährigen, der zwei Nachbarn mit einem Gewehr erschossen und eine dritte Person schwer verletzt haben soll. "Der Einsatz war und ist sehr fordernd – kaum Verschnaufpausen. Und stellen Sie sich bitte die Umgebung jenes Ortes vor, an dem wir das Fluchtfahrzeug gefunden haben – sagenhaft steile Hänge, die Suchkräfte mussten sich teils mit Händen und Füßen festhaltend vorarbeiten."

Hinweise von Hölenforschern

Beim Durchsuchen von Höhlen mussten sich die Sondereinheiten kriechend und robbend bei einem Durchmesser der Öffnung von etwa 60 Zentimetern vorarbeiten, schilderte der Offizier. Hinweise und Hilfe habe man von Höhlenforschern und Jägern bekommen, auf Öffnungen im Fels und auf Hochsitze, die allesamt kontrolliert wurden. "Manche Höhlenforscher sind von selbst auf uns zugekommen." Viele dieser möglichen Verstecke seien selbst in der örtlichen Bevölkerung nicht bekannt gewesen. "Der mutmaßliche Täter ist extrem verwurzelt in der Gegend, er hat gute Kenntnisse." Den einen oder anderen Schritt sei er der Polizei bisher voraus gewesen. Pfennich geht allerdings nicht davon aus, dass der Gesuchte vorbereitete Verstecke hat.

"Auch wurde er wohl mehr gesehen, als tatsächlich möglich ist", sagte der Einsatzleiter. "Man hat uns verständigt, dass ein verdächtiges Licht bei einem Fischteich gesehen worden ist. Das war eine mit Solarenergie gespeiste Lampe mit Bewegungsmelder. Wir haben dennoch alles geprüft. Schwierig ist allerdings die sofortige Bewertung eines Hinweises, aber jeder wird abgearbeitet, nach einer Prioritätenliste", erklärte Pfennich. Mehrmals abgesucht wurden auch Fischteiche sowie Ruinen von Gehöften in den gebirgigen Wäldern zwischen Stübinggraben im Norden, dem Pleschkogel im Osten und dem Bereich Södingberg im Westen sowie Hitzendorf im Süden.

Hinweise aus Voitsberg und Graz Umgebung

Auf die Frage, aus welchen Bezirken es Hinweise gegeben habe, sagt der Polizeioffizier: "Aus dem Bezirk Voitsberg und Graz-Umgebung einiges, aus anderen Bezirke sehr, sehr spärlich." Angebliche Sichtungen des Mannes habe es auch im Grazer Einkaufszentrum Center West gegeben, sowie einmal gleichzeitig am Wiener Westbahnhof und in Amstetten in Niederösterreich. "In der Steiermark waren die meisten Hinweise beschränkt auf den Raum Stiwoll bis Thal bei Graz und Stübing, südlich von Hitzendorf gab es kaum etwas", sagte Pfennich. Und ja, der Fall des Wilderers in Annaberg von 2013 mit drei toten Polizisten und einem toten Sanitäter sei immer im Hinterkopf: "Deshalb trägt auch jeder im Einsatz seine Schutzausrüstung."

Die Einsatzleitung bleibe vorerst noch im Gemeindeamt von Stiwoll, dessen Bürgern Pfennich ein Lob aussprach: "Wir wurden sehr freundlich aufgenommen, ein Lob an Bürgermeister Alfred Prettenthaler. Wir haben sein Gemeindeamt in Beschlag genommen, und er hat uns dennoch jeden Wunsch von den Lippen abgelesen." Und alle von der Feuerwehr bis zum Fußballverein hätten die Exekutive unterstützt, das habe enorm viel Zeit beim Aufbau der Infrastruktur gespart.

Rückkehr in den Alltag

In seiner Wahrnehmung habe es mehrere Stimmungsphasen in der Bevölkerung gegeben, sagte der Oberst. "Am Anfang Entsetzen, es sind ja alle äußerst verwurzelt miteinander." Dann auch Wut und die Frage "Warum hat der das gemacht?". Das sei dann in Beunruhigung und auch Verängstigung übergegangen. "An manchen Tagen war ja kein Mensch auf der Straße zu sehen. Der Wirt hat uns gesagt, an einem Tag habe er kein einziges Essen serviert." Nun gebe es einen kleinen Rückkehrprozess in den Alltag. "Die Kräfte werden heruntergefahren, ein großes Aufgebot ist auch nicht mehr notwendig, wir gehen aber nicht in Normalbetrieb über. Nach wie vor steht ein entsprechendes Kräftepotenzial zur Verfügung. Das sind wir auch der Bevölkerung schuldig."

Als kleines Resümee des bisherigen Einsatzes sagte Pfennich, es wäre schön, wenn man den Flüchtigen schon gefunden hätte. "Es ist etwas zehrend, wenn wir keinen Erfolg haben, aber 726 Stiwoller werden aufatmen, wenn es so weit ist, und auch wir werden erst mal durchschnaufen, und mir wird ein Stein vom Herzen fallen." Er sage nicht, er gehe erst einmal feiern: "Es gab bereits zwei tote Menschen, wir brauchen nicht noch einen dritten", bezog sich der Einsatzleiter auf einen möglichen Suizid des Flüchtigen. (APA, 9.11.2017)