Die Widdersteinmähder am Hochtannbergpass sind Europaschutzgebiet.

Foto: Land Vorarlberg

Feldkirch – Mehr oder weniger EU? Der Reformprozess der Europäischen Union beschäftigt die Landeshauptleutekonferenz, die am Freitag in Feldkirch tagt. Es gehe nicht um generell mehr oder weniger EU, sondern um ein differenziertes Szenario, heißt es im Positionspapier, das beschlossen werden soll. Das Subsidiaritätsprinzip wird eingefordert: "Dort mehr EU, wo es mehr EU braucht, dort weniger EU, wo es weniger EU braucht."

Die Europäische Union müsse ihre Aktivitäten auf jene Maßnahmen konzentrieren, wo gemeinsames Handeln einen deutlichen Nutzen im Vergleich zu rein nationalem oder regionalem Handeln bringe, fordern die Landeshauptleute.

Hinterfragen will man EU-Regelungen vor allem in den Bereichen Gesundheit, Industrie, Kultur, Tourismus, Bildung, Jugend, Sport, Katastrophenschutz, Verwaltungszusammenarbeit und Umwelt. Konkret wollen die Länderchefs Auflagen bei Bodenschutz, regionalen Natur- und Ökosystemen oder bei national fließenden Gewässern regional oder national regeln. Eine Haltung, die den WWF auf den Plan rief. "Die Landeshauptleute wollen sich damit offensichtlich um die Erfüllung längst überfälliger Naturschutzverpflichtungen drücken", befürchtet WWF-Bereichssprecher Christoph Walder.

Umweltstandards sind bedroht

Österreich sei bei der Einrichtung von Natura-2000-Gebieten säumig, verweist Walder auf drohende Vertragsverletzungsverfahren. Vorarlbergs Umweltlandesrat Johannes Rauch (Grüne) sieht im Papier der Landeshauptleute einen Versuch, in sensiblen Umweltbereichen europäische Regelungen zurückzudrängen.

Gerade EU-Richtlinien zum Gewässerschutz, zum Habitatschutz und zur Schaffung von Natura-2000-Gebieten hätten große Fortschritte generiert. "Das zurückzunehmen wäre Dumping bei Umweltstandards", sagt Rauch und nennt das Beispiel Luftverschmutzung. "Österreich hat seine Aufgaben bei der Reduktion der Stickoxid-Belastung nicht gemacht." Laufende und drohende Vertragsverletzungsverfahren bringen Österreich unter Zugzwang, die gesundheitsschädlichen Emissionen einzudämmen, sagt Rauch: "Fallen die EU-Regelungen weg, geschieht gar nichts mehr."

Transparente Diskussion

Der Grünen-Politiker fordert eine öffentliche Debatte über die Weiterentwicklung der EU. Zu wichtig sei das Thema, um es im "stillen Kämmerlein der Landeshauptleute zu lassen".

Rauch fehlt in der Diskussion der Landeshauptleute die Zukunftsperspektive. Weder würden mehr Rechte für das Europäische Parlament verlangt, noch würden wesentliche Themen wie gemeinsame Steuerpolitik angesprochen. Subsidiarität dürfe nicht zur Kleingeistigkeit werden, warnt Rauch: "Man kann nicht Kirchturmpolitik auf europäischer Ebene machen."

Was die Grünen im Positionspapier schmerzlich vermissen, ist ein klares Bekenntnis, wo sich Österreich kurz vor Übernahme der Präsidentschaft sieht: "Auf der Seite von Frankreich und Deutschland oder als Zugeständnis an den künftigen Regierungspartner FPÖ auf der Seite der Orbáns und Kaczyńskis."

Forderungen an den Bund

Weitere Themen der Landeshauptleutekonferenz sind Forderungen an den Bund zur Kompensation der finanziellen Einbußen durch Wegfall des Pflegeregresses, dazu noch jährlich 100 Millionen mehr für den Hochwasserschutz und zusätzliche 25 Millionen Euro für den Gewässerschutz.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (VP), zurzeit Vorsitzender der Konferenz, sagte im Vorfeld der Sitzung in einem ORF-Interview zu, dass die Länder künftig ihre Pflichten bei der Umsetzung der Transparenzdatenbank erfüllen werden.

Der Rechnungshof hatte kritisiert, dass Länder und Gemeinden nicht wie vereinbart ihre Daten einspeisen. Sinn und Zweck der Übung: Dadurch soll transparent werden, wer welche Geldleistungen in welcher Höhe vom Staat erhält. (Jutta Berger, 9.11.2017)