Wien – Die Kindergartenstudie des Religionspädagogen Ednan Aslan sorgt weiter für Diskussionsstoff: Nachdem eine mit der Prüfung beauftragte Kommission der Österreichischen Agentur für wissenschaftliche Integrität (OeAWI) kein wissenschaftliches Fehlverhalten im juristischen Sinn, aber wissenschaftliche Mängel festgestellt hatte, wird nun vermehrt über den Unterschied diskutiert.

"Keine gute Wissenschaft"

Uni-Wien-Rektor Heinz Engl betonte die Bedeutung wissenschaftlicher Grundsätze, "ob sie missachtet wurden und Absicht oder grobe Fahrlässigkeit dahintersteckt". Das sei von der Kommission verneint worden, es gebe aber auch Stellungnahmen, "wonach die wissenschaftliche Qualität nicht in allen Aspekten so besonders toll ist".

Fehlverhalten oder Mängel? Der Unterschied sei wie jener zwischen rechtlich und rechtens, ergänzt die Wissenschaftsforscherin Ulrike Felt. Im streng juristischen Sinn liege sicher kein Fehler vor. "Auf Basis der spärlichen Datenlage hätte Aslan aber keine allgemeingültigen Aussagen treffen dürfen", sagt sie. Denn schließlich habe Aslan immer wieder betont, dass es sich nur um eine Pilotstudie handle. Man habe auch vernommen, dass wenig Geld und Zeit zur Verfügung gestanden seien. Felt: "Das ist keine gute Wissenschaft." Nachsatz: "Wenn ich zu wenig Zeit habe, dann liefere ich keine Studie."

Die vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (Amif) beauftragte Untersuchung des Professors für islamische Religionspädagogik ergab Radikalisierungstendenzen in islamischen Kindergärten und dürfte vom Integrationsministerium nachbearbeitet worden sein. Nun scheint die Prüfungskommission zum Schluss gekommen zu sein, dass es sehr wenige inhaltlich fundamentale Umschreibungen gebe, wie Felt sagt. Wichtig sei eine baldige Freigabe des Berichts. Aslan habe sich dazu prinzipiell bereiterklärt, wollte aber davor lesen, welche Details darin vermerkt sind. Die Wissenschafterin kritisiert aber auch die Politik: Die Verwendung der Zwischenergebnisse, um die eigene politische Agenda voranzutreiben, sei manipulativ.

Evidenzbasierte Politik

Der Ruf nach evidenzbasierter Politik führt jedenfalls vermehrt zu wissenschaftlichen Studien, die Datenmaterial für kommende Entscheidungen liefern sollen. Daher bräuchte es ein Regelwerk über den Umgang damit, sagt Felt. Derartige Richtlinien gebe es im deutschsprachigen Raum überhaupt nicht. In Deutschland hat man sich offenbar auf einen Umgang mit Aufträgen aus der Wirtschaft geeinigt, um hier keinen Manipulationen ausgesetzt zu sein.

In Österreich gibt es diese Regeln laut Rat für Forschung und Technologieentwicklung nicht. Ludovit Garzik, Geschäftsführer des Beratungsgremiums, bestätigt aber, dass sowohl regional als auch auf Bundesebene immer mehr Studien in Auftrag gegeben werden, "um die eigene Position argumentativ besser zu untermauern". Dabei sei von Anfang an klar, welche wissenschaftlichen Schlussfolgerungen für die Auftraggeber wichtig wären, obwohl die Ergebnisse selbst nie verändert werden. Man habe jedenfalls genug Raum für Interpretationen derselben.

Felt betont, dass es bei aller Kritik an der Aslan-Studie auch um die wissenschaftliche Freiheit gehe. Man dürfe nicht dazu übergehen, Wissenschaftern in Zukunft über die Schulter zu schauen. "Das würde ich auch nicht akzeptieren." Im Normalfall gebe es auch ein Kontrollverfahren, Studien, die einmal publiziert wurden, seien auch schon zurückgezogen worden. Im Zuge der Kindergartenstudie habe es das bisher nicht gegeben. Was nun geändert wird: Aslan beendet diese Studie nicht allein, dazu gibt es ein Gremium, das für Feedback an die Studienautoren zuständig ist.

Datenlage oft nicht ausreichend

Der Kommunikationswissenschafter Maximilian Gottschlich warnt freilich davor, ein zu strenges Regelwerk aufzustellen. Es sei kontraproduktiv, würden sich die Sozialwissenschaften nun wieder aus dem politischen Alltag zurückziehen und sich in eine Art Elfenbeinturm wie in früheren Jahren verschanzen. Ihre Expertise würde die Gesellschaft brauchen. Die Datenlage sei oft nicht ausreichend. Wichtig sei, was man daraus macht. (Peter Illetschko, 10.11.2017)