Minister Schelling (links) kommt bei Kanzler Kern nicht gut weg.

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Wien – Österreichs Rolle im Kampf gegen Steuervermeidung sorgt für einige Debatten. Selbst von Parteifreunden muss Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) Kritik einstecken, weil das Land gemeinsam mit Großbritannien, Malta, Irland und Zypern beim Beschluss schärferer Geldwäscheregelungen bremst. ÖVP-Delegationsleiter im Europaparlament, Othmar Karas, meinte, Österreich stehe auf der falschen Seite, sollte es sich tatsächlich mit den genannten Ländern verbündet haben. Das könne er nicht glauben.

Auch der Bundeskanzler ärgert sich über die Positionierung Wiens. "Mit ihrer Zögerlichkeit schützt die ÖVP die Falschen", sagt Christian Kern, der nicht tatenlos bleiben will. Maßnahmen wie ein öffentliches Register, bei dem die wirtschaftlichen Eigentümer einsehbar werden, sollen im Parlament gegen den Willen der ÖVP zur Abstimmung vorgelegt werden. "Dann wird auch ihr zukünftiger Koalitionspartner FPÖ die Karten auf den Tisch legen müssen und zeigen, wie er dazu steht", erklärt der SPÖ-Chef.

Genetische Rolle

Auch Heinz Zourek, der viele Jahre die Generaldirektion für Steuern in der EU-Kommission leitete, hält wenig von Österreichs Position. Das Land habe sich "immer gegen Transparenz gewehrt", sagte Zourek am Montag im Ö1-"Mittagsjournal". Diese Rolle sei "fast genetisch".

Doch um welche Regelung geht es eigentlich, die Österreich blockiert. Es geht um eine Novellierung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie, die freilich weit in das Thema Steueroasen hineinreicht. Nicht zufällig hat die EU-Kommission die neuen Regelungen nach der Veröffentlichung der Panama Papers vor gut einem Jahr angestoßen. In dem Vorschlag enthalten ist u. a., dass hinter Strohmännern versteckte Eigentümer durchgängig identifizierbar sein müssen. Allerdings fordert das Europaparlament hier, dass Geschäfte mit Trusts untersagt werden sollen, wenn die Hintermänner nicht identifizierbar sind. Das geht vielen Mitgliedsstaaten zu weit.

Senkung der Schwellen

Der Gesetzesentwurf sieht auch eine Senkung der Schwellen und damit eine weitere Verschärfung vor: Geht die Richtlinie durch, werden schon Gesellschafter, die zehn Prozent eines Trusts halten, vom Register erfasst. Derzeit liegt die Grenze bei 25 Prozent.

Doch es gibt noch zahlreiche weitere Änderungen, bei denen sich Rat und EU-Parlament nicht einig sind. Geplant ist beispielsweise ein nationales Immobilienregister, damit Behörden Haus- und Grundstückseigentümer zentral abfragen können. Und: Brüssel will eine unabhängige Aufsicht über diverse freie Berufe stülpen, bei denen Treuhandschaften oder gar Geldwäsche ein Thema sein könnten. Notare, Anwälte oder Steuerberater würden dann vom Staat überwacht. Derzeit gibt es eigene Gremien in den diversen Kammern, in denen beispielsweise Disziplinarangelegenheiten geregelt werden.

Und da wäre noch ein heikler Punkt: Beim Kauf von Pässen eines EU-Landes soll künftig genau geprüft werden, ob der neue Staatsbürger "sauber" ist. Den Mitgliedsstaaten schmeckt diese Regelung freilich gar nicht. (as, 13.11.2017)