Die starkfärbenden Safranfäden sind die Narben des Crocus sativus.

laufer

Sie müssen händisch aus den Pflanzen gezogen werden.

laufer

Eine Person kann in einer Stunde in etwa 2000 Blüten einsammeln.

laufer

Ollersdorf, an der Grenze zur Slowakei, wirkt auf den ersten Blick wie jeder andere Ort im Marchfeld. Zwischen Windrädern wachsen Wein, Mais und Pfirsiche, auf der Straße grüßt sich jeder. Fremde kommen hier nur selten vorbei. Wer im Oktober oder November durch das Dorf spaziert, wird früher oder später auf ein lilablühendes Feld stoßen. Im Marchfeld wird eine jahrhundertealte Tradition wiederbelebt: der Safrananbau.

Das Feld von Thomas Arnberger und Hannes Egerer erstreckt sich über rund 350 Quadratmeter zwischen Obstplantagen und Äckern. Die zwei ehemaligen Programmierer bauen das Edelgewürz seit drei Jahren in Niederösterreich an.

Begonnen hat die Geschichte der Landwirte in Wien. Dort haben beide in einem großen Konzern in der IT-Branche gearbeitet. Die zwei Mitte-40-Jährigen waren mit ihren Bürojobs unglücklich und wollten etwas Neues ausprobieren. Auf die Idee, Safran anzubauen, seien sie zufällig gestoßen, erinnert sich Arnberger. Eine Dokumentation über den Safrananbau in der Schweiz habe das Projekt letztendlich ins Rollen gebracht. Das Glück des Duos: Etwa zur gleichen Zeit hatte Arnbergers Schwiegervater, der Landwirt ist, ein paar Flächen brach liegen und stellte sie den Neo-Safranbauern zur Verfügung.

Know-how aus der Bibel

Der erste Weg hat die zwei Ex-Progammierer nicht auf das Feld geführt, sondern in die Melker Stiftsbibliothek. Dort liegt die "Bibel des österreichischen Safrananbaus", wie Arnberger sie nennt. Das Buch, das 1797 von einem Pfarrer verfasst wurde, ist ein Leitfaden für die Safranzucht in Österreich. "Wir sind das absolut theoretisch angegangen. Wir haben zuerst alles Mögliche über den Anbau gelesen und dann erst das Feld vorbereitet", sagt der Landwirt.

"Safran macht den Kuchen gehl" ist in Österreich nicht grundlos eine Zeile in einem bekannten Kinderlied: Das Alpenland zählte bis vor hundert Jahren zu den bedeutendsten Safran-Anbaugebieten, heißt es auf der Homepage des Landwirtschaftsministeriums. Der "Crocus austriacus" soll zu den edelsten Sorten Europas gezählt haben. Vom 15. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Krokuspflanze in Österreich großflächig angepflanzt. Laut dem Ministerium exportierte allein Niederösterreich im Jahr 1807 an die 4000 Kilogramm Safran.

Solche Mengen werden heute in Österreich bei Weitem nicht mehr produziert. Der Krokus, aus dem die Safranfäden gezogen werden, geriet für knapp hundert Jahre in Vergessenheit und wurde nicht mehr kultiviert. Mittlerweile gibt es wieder eine Handvoll Safranbauern in Österreich, zu denen auch der Marchfelder Betrieb zählt. Zu weiteren Anbaugebieten zählen das Burgenland und die Wachau. In Europa sind Spanien und Frankreich führend. Der Iran ist mit einem Marktanteil von über 90 Prozent weltweit nach wie vor der größte Exporteur.

Fäden werden händisch ausgezupft

Die starkfärbenden Safranfäden sind die Narben des Crocus sativus. Sie müssen händisch aus den Pflanzen gezogen werden. "Für ein Gramm Safran benötigt man rund 200 Blüten", sagt Arnberger. Die Voraussetzungen für den Anbau seien im Marchfeld ideal: "Wo Wein gedeiht, wächst auch guter Safran."

Der Anbau selbst sei relativ einfach, erzählen die Unternehmer. Die Knolle, die sich selbst jährlich vermehrt, blüht zwischen Oktober und November lilafarben auf: "Wir pflücken die Blüten auf allen vieren im Gatsch", sagt Egerer. Ist die Blüte einmal geöffnet, müssen die Pflanzen möglichst noch am selben Tag geerntet und getrocknet werden. "Für den Geschmack ist der Pflückzeitpunkt entscheidend", erklärt Egerer. "Sonst passt die Qualität nicht."

Eine Person kann in einer Stunde in etwa 2000 Blüten einsammeln. Noch am selben Tag werden die drei Fäden, die sich in jedem Krokus befinden, ausgezupft und getrocknet. Dafür habe jeder Safranproduzent seine eigene Methode, sagt Arnberger. Die getrockneten Narben landen dann für bis zu sechs Wochen in einem geschlossenen Behältnis, um nachzureifen, "damit die typischen Safran-Aromen entstehen".

Wetter spielt eine große Rolle

Derzeit können die Landwirte nicht das gesamte Feld abernten. Für zwei Personen sei die Arbeit zu aufwendig, sagt Arnberger. Auch das Wetter spiele eine große Rolle: Regnet es etwa in der Früh, kann das Gewürz nicht geerntet werden. Die Unternehmer überlegen derzeit noch, ob sie das Krokusfeld ausbauen werden. Eine größere Anbaufläche sei nur mit Erntehelfern bewältigbar, deren Einstellung den bürokratischen Aufwand erheblich anheben würde, wie beide meinen.

Um das Geschäft aufzubessern haben die Neo-Landwirte heuer zum ersten Mal auch Krokusknollen verkauft. Durch diese können Hobbyzüchter am Fensterbankerl selbst Safran ziehen.

In Ollersdorf wird das Projekt gut angenommen: "Hier wird die Landwirtschaft großflächiger, viele kleine Bauern sperren zu", sagt Egerer. Lediglich die Bürokratie sei nicht auf die Neugründung von landwirtschaftlichen Betrieben ausgerichtet, erinnert sich der Unternehmer an Probleme in der Anfangsphase: "Dort gilt: Bauer wird man nicht, Bauer ist man."

Kein Produkt für die Masse

Von dem derzeitigen Umsatz können die beiden Unternehmer noch nicht leben. "Das dauert seine Zeit, da muss man realistisch sein", meint Arnberger.

Beide gehen nach wie vor einer weiteren Tätigkeit nach. "Ein Massenprodukt wird es zu dem Preis nie werden", sagt Egerer, "und auch zum Reichtum wird es uns nicht führen." Das Gramm Safran kostet 30 Euro. Vielmehr wolle man eine Nische damit ansprechen – und sich von den Bürojobs wegbewegen. (Nora Laufer, 15.11.2017)