Wien – Die europäische Börsenaufsicht ESMA sieht sich mit einem sich "schnell entwickelnden Phänomen" konfrontiert, sagt deren Chef Steven Maijoor mit Blick auf Bitcoin und die dahinterstehende Technologie Blockchain. Diese wird auch für sogenannte Initial Coin Offerings (ICOs) genutzt, mit denen Firmen anstatt richtiger Börsengänge (Initial Public Offerings, IPOs) Gelder von Anlegern einsammeln. Bei dieser boomenden Finanzierungsform werden eigene Kryptowährungen (Coins) ausgegeben, die wie Aktien ausgestaltet sein können und am Unternehmenserfolg beteiligen. Heuer ist es laut Maijoor bisher zu 80 solcher Transaktionen gekommen.

Allerdings haben sich zuletzt unter die weißen auch schwarze Schafe mit Betrugsabsichten gemischt, was ICOs in Verruf gebracht hat. Bisher habe man nur die Möglichkeit gehabt, Investoren vor bestimmten Angeboten zu warnen und zu überprüfen, ob ICO-Emittenten gegen bestehende Regulierungen verstoßen. Das ist den Aufsehern zu wenig Handhabe, Maijoor spricht sich ebenso wie FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller dafür aus, für solche Emissionen künftig Spielregeln festzulegen.

Vorbild US-Börsenaufsicht

"Das ist ein bisschen wie Wilder Westen", erklärt Kumpfmüller, "diese Art der Kapitalaufnahme braucht eine Regulierung." Ein Vorbild könnte dabei die US-Börsenaufsicht Sec sein: Wenn ihrer Ansicht nach ein durch ein ICO emittierter Coin einem Wertpapier entspricht, muss sich der Emittent auch an die dafür geltenden Vorschriften halten. "Ich denke, es sollte in Europa in eine ähnliche Richtung gehen", sagt der FMA-Vorstand.

Mit dem Inkrafttreten des EU-Finanzmarktpakets Mifid II, das Stabilität und Anlegerschutz erhöhen soll, wird Anfang Jänner auch der Werkzeugkasten der Aufseher frisch befüllt. Vertrieb, Marketing oder andere Aktivitäten von Finanzmarktteilnehmern könnten dann eingeschränkt oder gänzlich untersagt werden. (aha, 16.11.2017)