Bregenz – Immer wieder suchen Frauen Rat bei Politikerinnen und Betriebsrätinnen wegen verstörender Umgangsformen am Arbeitsplatz, in der Schule, im Verein. Die Vorarlberger SPÖ thematisiert nun die verbale sexuelle Belästung. Gefordert werden eine Hotline für Betroffene und eine niederschwellige Beratungsstelle. Zudem soll verbale Belästigung als Sexualstrafdelikt geahndet werden.

Aus der Praxis: Beide Chefs machen sich einen Spaß daraus, der jungen Sekretärin anzügliche Witze zu erzählen. Immer mit Seitenblick auf die Frau: Wie findet sie das wohl? Sie findet es beleidigend, weiß nicht, wie sie reagieren soll. Ähnlich ergeht es der Turnusärztin. Einer ihrer Vorgesetzten ist brennend an ihrem Privatleben interessiert. Will wissen, was sie am Wochenende mit dem Freund gemacht hat. Eine Kfz-Mechanikerin hat die Lehre geschmissen. Die ständige Anmache und die Nacktfotos an den Werkstattwänden sind ihr zu viel geworden. Das sind nur einige Beispiele aus dem Alltag, mit denen Frauenpolitikerinnen konfrontiert sind.

Witze muss man nicht erdulden

Vor allem junge Frauen leiden unter verbalen Belästigungen "von meist älteren Männern", sagt SPÖ-Landesvorsitzende Gabi Sprickler-Falschlunger. Es gelte ihnen zu vermitteln, dass sie "schweinische Witze oder anzügliche Fragen über ihr Privatleben nicht erdulden müssen", sagt die Politikerin und Ärztin. Eine niederschwellige Beratungsstelle könnte ihnen aus der Ratlosigkeit helfen. "Denn gerade junge Frauen sind verunsichert, wie sie reagieren sollen. Sie wollen ja nicht als prüde oder humorlos abgestempelt werden", weiß die SPÖ-Chefin.

In Vorarlberg habe man im Gesundheitsbereich gute Erfahrungen mit Telefonberatung gemacht, eine Hotline könnte auch von sexueller Belästigung Betroffenen konkret helfen, sind die SPÖ-Frauen überzeugt. Den Weg zur Gleichbehandlungsanwältin scheuen viele dieser Betroffenen, sagt SPÖ-Frauenvorsitzende Veronika Keck, ihnen würde es schon reichen, wenn Chef oder Chefin ein Machtwort spricht.

Strafen bei verbaler Belästigung

Wird eine Frau an ihrer Arbeitsstelle verbal belästigt, sieht das Arbeitsrecht Schadenersatz vor. Der Arbeitgeber hat solche Vorfälle zu unterbinden. "Die Realität sieht oft anders aus", sagt die Frauenvorsitzende der Sozialdemokratischen GewerkschafterInen, Elke Zimmermann, "denn oft ist der Täter der Lehrherr oder Chef." Auch hier könnte niederschwellige Beratung helfen, den Weg zum Betriebsrat oder zur Gleichbehandlungsanwältin zu erleichtern.

Was passiert in der Praxis, wenn eine Betroffene zum Betriebsrat geht? Betriebsrätin Zimmermann: "In einem ersten Schritt knöpfe ich mir den Mann vor, sage ihm, er soll das unterlassen. Wirkt das nicht, hilft meist ein Aktenvermerk."

Regionale Gleichbehandlungsstelle für Vorarlberg

Vom Bund fordern die SPÖ-Frauen eine Ausweitung des Sexualstrafrechts auf verbale sexuelle Belästigung. Während das Arbeitsrecht Strafen vorsieht, sind Frauen in ihrer Freizeit nicht geschützt. Konkret könnte man, so Sprickler-Falschlunger, auf Landesebene Verwaltungsstrafen einführen.

Eine weitere Forderung der SPÖ an den Bund: Vorarlberg sollte eine eigene Regionalstelle der Gleichbehandlungsanwaltschaft bekommen. Bisher teilen sich die drei westlichen Bundesländer eine Regionalstelle mit Sitz in Innsbruck. (Jutta Berger, 16.11.2017)