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Oury Jalloh starb im Jänner 2005. Eine Initiative erinnert an ihn und versucht herauszufinden, was damals in der Polizeizelle geschah.

Foto: APA/EPA/JOERG CARSTENSEN

Seit zwölf Jahren ist Oury Jalloh tot. Der Asylwerber aus Sierra Leone verbrannte im Jänner 2005 in einer Polizeizelle in Dessau im Bundesland Sachsen-Anhalt. Vergessen wurde er nicht, die "Initiative Oury Jalloh" erinnert nicht nur an ihn, sondern versucht auch seit Jahren herauszufinden, was in der Todesnacht wirklich passiert ist.

Für die Polizei war der Fall klar: Jalloh, damals 37 Jahre alt, hatte sich selbst angezündet. Doch diese Version wurde rasch angezweifelt. Nun, zwölf Jahre später, zitiert das ARD-Magazin "Monitor" aus den Ermittlungsakten und berichtet, dass mehrere Sachverständige aus den Bereichen Brandschutz, Medizin und Chemie zum Schluss kommen, Jalloh sei in der Polizeizelle oder schon vorher getötet worden.

Brief des Oberstaatsanwalts

Ermittelt wird seit Jahren, es gibt sechs Gutachten, Experten stellten die Geschehnisse in der Zelle nach, um herauszufinden, ob und wie es dem nach Polizeiangaben alkoholisierten und fixierten Jalloh gelungen sein könnte, die feuerfeste Matratze in Brand zu setzen.

Monitor zitiert nun auch aus einem Brief, den Oberstaatsanwalt Folker Bittmann verfasst hat. Er ist leitender Staatsanwalt bei der Behörde in Dessau und untersuchte den Fall seit 2014. Jahrelang war er ein Verfechter der Suizidtheorie.

Begründeter Mordverdacht

Doch im April 2017 schreibt er von einem begründeten Mordverdacht, da Jalloh vor Ausbruch des Feuers wohl handlungsunfähig oder schon tot war und mit Brandbeschleuniger besprüht und angezündet worden sei. Bittmann benennt laut "Monitor" sogar Verdächtige innerhalb der Polizei, die eine Straftat vertuschen wollten.

Zu weiteren Ermittlungen an dieser Stelle kommt es dann aber nicht, denn die vorgesetzte Behörde, die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg, entzieht den Dessauern den Fall und übergibt ihn an die Staatsanwaltschaft in Halle. Denn: Das Dessauer Dezernat sei überlastet, und man wolle zudem einen "frischen Blick" von außen auf die Geschehnisse.

Familie wehrt sich

Vor einem Monat, im Oktober 2017, teilte die Staatsanwaltschaft in Halle dann mit, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Begründung: Nach "sorgfältiger Prüfung" hätten sich "keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beteiligung Dritter an der Brandlegung ergeben".

Familie Jalloh will das nicht hinnehmen. Ihre Anwältin, Gabriele Heinecke, hat Beschwerde gegen die Einstellung eingelegt und sagt: "Angesichts der neuen Erkenntnisse ist die drohende Einstellung des Verfahrens ein Skandal." Im Landtag von Sachsen-Anhalt fordert die Linke Akteneinsicht in den Fall, doch die Regierungskoalition aus CDU, SPD und Grünen verweigert das bislang. (Birgit Baumann aus Berlin, 16.11.2017)