Bei den Sondierungsgesprächen in Deutschland kam man nur schleppend voran.

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Durchbruch! Lösungen gefunden! Jamaika kann kommen! Das sind die Botschaften, die man an diesem Freitag in Deutschland erwartete. CDU, CSU, FDP und Grüne wollten in der Nacht auf Freitag den Sack zumachen, ihre Sondierungsgespräche beenden und so den Boden für Koalitionsverhandlungen bereiten.

Doch die Neuigkeit des Freitagmorgens war, dass FDP-Verhandler Wolfgang Kubicki (Parteivize und stellvertretender Bundestagspräsident) nach der "Nacht der langen Messer" so frustriert war, dass er erst einmal eineinhalb Stunden duschen wollte. Eine Nachricht von nationaler Bedeutung. Sonst nämlich gibt es nichts zu berichten. Es herrscht dunkle Nacht über Jamaika, die Viererbande kommt nicht weiter, es gibt in keinem strittigen Punkt eine Annäherung.

Zur Erinnerung: Man sondiert seit mehr als vier Wochen. Und richtig: Man sondiert. Es sind noch nicht einmal richtige Koalitionsgespräche. CDU, CSU, FDP und Grüne geben nichts anderes ab als ein Armutszeugnis, und das in der größten Volkswirtschaft Europas, im Wissen, dass Millionen Wählerinnen und Wähler auf eine neue Regierung warten und auch die Blicke in ganz Europa auf Berlin ruhen.

Keine Vertrauensbasis

Doch dort herrschen Kleinmut und Kleingeist. Offenbar haben viele Verhandler nicht kapiert, dass sie Kompromisse suchen müssen und nicht die Konfrontation. Das gilt insbesondere für die CSU und die Grünen, die einander auf der politischen Skala in vielen Bereichen ja nahezu verfeindet gegenüberstehen und damit auch bei der gegenseitigen Beurteilung nicht hinterm Berg halten. Will heißen: Es gibt einfach keine Vertrauensbasis, eine solche bräuchte es natürlich dringend, wenn man zusammenarbeiten will.

Nichts gegen politische Debatten. Im Gegenteil, jahrelang konnte man in Deutschland großkoalitionäre Einigkeit erleben, und diese sollte ja durch das Wahlergebnis auch beendet werden. Aber dass man nach vier Wochen Sondierung außer Beleidigungen und den ewiggleichen Beteuerungen, dass man natürlich zu einem Ergebnis kommen wolle, nichts hört, ist mehr als befremdlich. Reißt euch zusammen, möchte man den Verhandlern zurufen. Kommt bis Samstag endlich zu einem Ergebnis – oder lasst es bleiben und beendet dieses unwürdige Schauspiel. Dann gibt es Neuwahlen, die angeblich keiner will.

Oder Kanzlerin Angela Merkel, von der man gerne einmal ein Machtwort hören würde, versucht es mit einer Minderheitsregierung. Angesichts der Lage sollte man sich mit dieser Option vertraut machen. (Birgit Baumann, 17.11.2017)