Wien – Der Jungen Volkspartei (JVP) steht ein Führungswechsel ins Haus. Nachdem für den bisherigen Vorsitzenden Sebastian Kurz mit der Übernahme der ÖVP und demnächst wohl auch des Bundeskanzleramts höhere Weihen winken, übernimmt Stefan Schnöll von Kurz die Führung der jungen Schwarzen, die in ihrem Logo nicht türkis, sondern grünblau leuchten. Die Rolle der JVP wird sich laut Schnöll jetzt verändern.

"Wir waren immer Ideengeber und -treiber in der eigenen Partei. Jetzt geht es darum, dass wir unsere Themen und Ideen endlich umsetzen", erklärte Schnöll. "Unsere Meinung hat früher nur wenige interessiert, durch den Aufstieg von Sebastian Kurz hat sich das geändert." Mit Kurz als Bundeskanzler und acht Abgeordneten im Parlament sei man "definitiv eine neue Kraft" innerhalb der ÖVP. "Das ist kein eigener Klub, aber wir besprechen und organisieren uns", so der 29-jährige Salzburger, der seit der Wahl im Nationalrat sitzt.

Stipendien für Lehrlinge

Inhaltlich will Schnöll die Themen Lehre und Schuldenabbau forcieren. "Die Hälfte unserer Mitglieder sind Lehrlinge. Da haben wir ein paar spannende Vorschläge auch in unser Wahlprogramm einfließen lassen, und jetzt drängen wir auf Umsetzung in den Regierungsverhandlungen." Als Beispiel nennt der designierte JVP-Chef ein Stipendium für Meister. Es sei "ungerecht, dass bei uns jeder gratis studiert, aber die Lehre einen Haufen Geld kostet. Mit einem Stipendiensystem könnte man das ausgleichen." Ein weiterer Punkt sei das Lehrlings-Splitting, nämlich dass sich zwei Betriebe einen Lehrling teilen. "Lehrlinge sind die Facharbeiter der Zukunft. Da muss man das System attraktiver gestalten. Die Lehrlingszahlen sind rückläufig, deshalb muss man gegensteuern."

Eine weiteres Anliegen ist der Jungen Volkspartei der Abbau der Schulden, weil diese vor allem zu Lasten der nächsten Generation gingen. Schnöll fordert eine Schuldenbremse in Verfassungsrang, eine Verwaltungsreform, den Abbau von Doppelgleisigkeiten sowie ein Durchforsten des Förderdschungels. Punkte, die derzeit auch auf der Agenda der Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ stehen.

Der neue JVP-Chef gehört dabei der Fachgruppe Pensionen an. Dort gehe es "in einem ersten Schritt" vor allem darum, das faktische Pensionsantrittsalter an das gesetzliche anzugleichen. Dazu sollen entsprechende Anreize geschaffen werden. "Man soll mehr bekommen, wenn man länger arbeitet, aber auch mit Abschlägen rechnen, wenn man früher in Pension geht." Viele Junge haben laut Schnöll den Glauben daran verloren, dass sie selbst einmal eine staatliche Pension erhalten. "Manche glauben eher an einen Lottogewinn." Das Pensionssystem müsse deshalb so ausgestaltet werden, dass es auch in Zukunft funktioniert. ÖVP und FPÖ hätten sich jetzt einmal darauf verständigt, dass man in den nächsten fünf Jahren das faktische Pensionsalter nach oben bringt. "Dass man in weiterer Folge, weil natürlich die Lebenserwartung steigt, auch irgendwann das gesetzliche Pensionsalter anheben muss, das bestreitet ja niemand."

Gegen Aufhebung des Rauchverbots

Kritik am geplanten Rauchverbot in der Gastronomie ab 2018 ist für Schnöll, der selbst aus einer Wirtsfamilie stammt, nachvollziehbar. "Ich habe vollstes Verständnis, dass durch diesen österreichischen Weg der Zwischenlösungen einige extrem unglücklich sind. Zu recht, weil sie nämlich Investitionen getätigt haben, die sich nicht rechnen werden." Man hätte deshalb den ehrlicheren Weg gehen und gleich ein generelles Rauchverbot mit Übergangsfrist einführen sollen. Bei den aktuellen Regierungsverhandlungen sei eine Aufhebung des Verbots, wie es von FPÖ-Seite ins Spiel gebracht wurde, aber kein Thema. "Wir werden an dieser Regelung nicht rütteln."

Schnöll geht davon aus, dass es mit der FPÖ in der Regierung einfacher werde als mit der SPÖ. Die Stimmung mit den Freiheitlichen sei gut und vertrauensvoll. SPÖ und ÖVP hätten sich hingegen allzu oft gegenseitig blockiert und am Ende auch nicht mehr miteinander gekonnt. "Da war keine Vertrauensbasis mehr möglich. Man hat sich nicht mehr über den Weg getraut, und das ist das schlimmste, was einer Koalition passieren kann. Daher war es völlig richtig, dass Sebastian Kurz Neuwahlen ausgerufen hat, um klare Verhältnisse zu schaffen. Diese klaren Verhältnisse haben wir jetzt."

"Natürlich stört uns das"

Dass bei den Freiheitlichen immer wieder problematische "Einzelfälle" auftauchten, bei denen Parteivertreter mit Nähe zu antisemitischem oder nationalsozialistischem Gedankengut für Aufsehen sorgen, sieht Schnöll kritisch. Jüngster Fall war etwa der niederösterreichische FPÖ-Funktionär Andreas Bors, der noch vor Übernahme seines Mandats als Bundesrat zurückzog, da er auf einem vor etwas mehr als zehn Jahren aufgenommenen Foto in Hitlergruß-Pose zu sehen war. "Natürlich stört uns das, aber da gibt es die Erwartungshaltung, dass Konsequenzen gezogen werden. Das ist bei Bors passiert. Diese Erwartungshaltung gibt es aber gegenüber uns genauso."

Dass die JVP innerhalb der ÖVP so wie die Jugendgruppen anderer Parteien zur Rebellion schreitet, ist laut Schnöll nicht zu erwarten. "Wir haben da einen anderen Zugang. Andere Jugendorganisationen definieren sich eher darüber, dass sie laut sind und gewisse Sprüche auf Plakate schreiben und skandieren. Bei uns geht es immer darum, dass wir die Dinge auch umsetzen. Da braucht es keinen Protest aus Selbstzweck. Bei uns kommen die meisten aus den Gemeinden. Da geht es um konkrete Veränderungen im Leben von jungen Menschen und nicht um große Weltpolitik. Da geht es um die Frage, kann ich mir meine Wohnung leisten und wie komme ich am schnellsten zu einem Ausbildungsplatz." (APA, 19.11.2017)