Bild nicht mehr verfügbar.

Am Zaun der Marinebasis Mar del Plata, wo die ARA San Juan eigentlich ankommen sollte, hängt diese Zeichung. Darauf steht geschrieben: "Findet sie, wir warten auf sie."

Foto: AP/Vicente Robles

Bild nicht mehr verfügbar.

Archivbild der ARA San Juan.

Foto: Argentina Navy via AP
Grafik: APA

Buenos Aires / Wien – Marcela Moyana schreibt ihrem Mann Whatsapp-Nachrichten, wie sie es immer getan hat. Als wäre nichts passiert. Es ist wohl ihre Art, trotz der sich anbahnenden Katastrophe Hoffnung zu bewahren – die Hoffnung auf eine Antwort. Denn ihr Mann Hernan Rodriguez ist Maschinist der ARA San Juan, jenes argentinischen U-Boots, das seit vergangenem Mittwoch im Südatlantik verschollen ist.

Die Suche nach dem U-Boot, das sich auf dem Weg von Ushuaia nach Mar del Plata befand, läuft seitdem auf Hochtouren. Mehrere Länder beteiligen sich mit hoch spezialisierten Schiffen und Flugzeugen an dem Marine- und Lufteinsatz – dem größten im Südatlantik seit dem Falklandkrieg 1982. 44 Personen befinden sich an Bord, darunter auch die erste U-Boot-Offizierin Argentiniens und ganz Südamerikas, die 35-jährige Eliana Krawczyk.

Keine Morsezeichen

Mögliche Hinweise auf die Position der ARA San Juan führten bisher in eine Sackgasse. Von argentinischen Kriegsschiffen über Echolot empfangene Geräusche ließen vermuten, es handle sich um Besatzungsmitglieder, die in den Tiefen des Südatlantiks mit Werkzeug von innen gegen den Schiffsrumpf hämmern würden, um auf sich aufmerksam zu machen – oder gar um Morsezeichen abzugeben. Doch nach einer Überprüfung war klar: Die Geräusche stammten ebenso wenig von der ARA San Juan wie gescheiterte Anrufversuche mittels Satellitentelefon.

Bleibt also die Suche in einem Gebiet von 43.000 Quadratkilometern, erschwert durch bis zu sieben Meter hohe Wellen und Winde von bis zu 70 km/h. Beim letzten Kontakt am vergangenen Mittwoch meldete die Crew einen Kurzschluss im Batteriensystem. Dessen Behebung gilt aber als Routine. Was also könnte dazu führen, dass ein U-Boot nicht nur nicht auffindbar ist, sondern auch keine Signale mehr abgibt?

Auftauchen eigentlich fast immer möglich

"Es gibt zwei Szenarien, die jede Seefrau und jeder Seemann fürchtet: Feuer und Wassereinbruch", sagt Christian Kiffmann vom Maritimen Zentrum der Hochschule Flensburg zum STANDARD. Bei Feuer wäre ein Auftauchen eigentlich zwingend, um die Rauchgase mit Frischluft auszutauschen. Bei Wassereinbruch, so Kiffmann, könnte ein Leeren der Tauchzellen ein Auftauchen im Notfall ermöglichen. Auch die deutsche Marine erklärte auf ihrer Homepage, dass ein Auftauchen unter fast allen Umständen möglich ist.

Sollte dies trotz allem nicht möglich sein, gibt es Atemschutzgeräte, sogenannte Tauchretter, mit denen die Besatzung bis zu einer bestimmten Tiefe aus dem U-Boot aus- und an die Oberfläche aussteigen kann. Dort, so Kiffmann, könnten sie eine Rettungsinsel aktivieren, die mit einer Notfunkboje ausgestattet ist, die die Position über Satellit überträgt.

Der Vorteil als Nachteil

Dies alles ist aber ausgeblieben, über die Ursache wird weiterhin gerätselt. Und dass die umfangreiche Suche bislang ohne Erfolg blieb, liegt auch am Grundgedanken der Erfindung U-Boot. "Der größte strategische Vorteil des U-Boots ist, dass es im Ernstfall nur schwer geortet werden kann", so Kiffmann. Unter anderem durch eine spezielle Beschichtung des Schiffsrumpfs soll eine Ortung per Sonar erschwert werden.

Trotz allem aber sind die technischen Möglichkeiten mittlerweile so fortgeschritten, dass ein Auffinden des U-Boots sehr wahrscheinlich ist, erklärt Kiffmann. Liegt es etwa auf dem Meeresgrund, dann spielen die Faktoren Grundbeschaffenheit, Tiefe und die Beschaffenheit des Schiffsrumpfs eine Rolle.

Dies alles berücksichtigt aber nicht den Faktor Zeit. Und der ist im aktuellen Fall lebenswichtig. Denn kann ein U-Boot nicht auftauchen, um die Sauerstoffvorräte aufzufüllen, wie das bei der ARA San Juan wahrscheinlich ist, dann reicht der Sauerstoff für lediglich sieben bis maximal zehn Tage. Dann bliebe kaum noch Zeit. (Kim Son Hoang, 21.11.2017)