Der überregionale "Landeszeitungs"-Teil der "NÖN".

Foto: NÖN Faksimile

St. Pölten/Wien – Für Karl Ettinger, Ende August 2017 offiziell zum neuen Chefredakteur der "Niederösterreichischen Nachrichten" bestellt, werden intern schon Nachfolger gehandelt. Die kolportierte Doppelspitze: Walter Fahrnberger, bisher stellvertretender Chefredakteur und wie Daniel Lohninger Chef vom Dienst der reichweitenstarken niederösterreichischen Wochenzeitung.

Eine Entscheidung über die künftige Führung der "NÖN" soll nach STANDARD-Infos in den nächsten Tagen fallen. Die wöchentlichen "Niederösterreichischen Nachrichten" mit ihren 28 wöchentlichen Bezirksausgaben sind in ihrem Bundesland mit 33,9 Prozent Reichweite das meistgelesene Printmedium neben der "Krone", die laut Media-Analyse 30,9 Prozent tägliche Reichweite hat. Im Burgenland gibt "NÖN"-Eigentümerin Niederösterreichisches Pressehaus die "BVZ" heraus.

Erst Ende August geholt

Ettinger war bis zum Wechsel vor wenigen Wochen seit Jahrzehnten Innenpolitikredakteur der Wiener Qualitätszeitung*. Gudula Walterskirchen, seit Frühjahr 2017 neue Herausgeberin der "Niederösterreichischen Nachrichten", holte Ettinger von der "Presse", wo die katholisch-konservative Publizistin eine wöchentliche Kolumne hat.

Gudula Walterskirchen erklärte Dienstag auf STANDARD-Anfrage, dass sich Ettinger derzeit im Krankenstand befinde. Sie wolle sich zunächst mit ihm besprechen, bevor sie sich über die weitere Vorgangsweise äußere. Walterskirchen verneinte STANDARD-Infos, wonach Fahrnberger und Lohninger als künftige Doppelspitze der "NÖN" schon intern kommuniziert wären.

Walterskirchen ist auch Obfrau des Pressvereins in der Diözese St. Pölten, der 26 Prozent am Niederösterreichischen Pressehaus hält. 54 Prozent gehören der Diözese St. Pölten, die übrigen 20 Prozent Raiffeisen Niederösterreich-Wien.

Ablöse im August

Anfang August 2017 trennte sich die neue "NÖN"-Herausgeberin überraschend von ihrem Chefredakteur Martin Gebhart, aus "rein fachlichen Gründen" und wegen "divergierender Ansichten über die künftige Ausrichtung", erklärte Walterskirchen damals. Gebhard ging gegen die Beendigung seines Dienstverhältnisses vor Gericht.

Die Abberufung des Chefredakteurs soll auch die Landeshauptpartei ÖVP irritiert haben – in der langen Regentschaft von Erwin Pröll als Landeshauptmann wirkten Landeschef, Landeshauptblatt "NÖN" und ORF Niederösterreich eng aufeinander abgestimmt, gern auch als niederösterreichische "Dreifaltigkeit" beschrieben.

Neue Konkurrenz im Heimmarkt

Wichtigster Konkurrent der "NÖN" im Stammbundesland sind die kostenlosen wöchentlichen "Bezirksblätter" mit 50,3 Prozent Reichweite. Sie dürften von der schon eine Weile laufenden Umbauphase beim Pressehaus profitieren. Der "Kurier" macht den "NÖN" im Inseratenmarkt zudem seit Ende Oktober mit einer wöchentlichen Niederösterreich-Beilage Konkurrenz.

Das Niederösterreichische Pressehaus hat im September beschlossen, den "NÖN"-Verlag und den Druckbereich in zwei Gesellschaften aufzuspalten. Für die Druckerei sucht das Pressehaus schon seit 2016 Investoren/Partner.

5,7 Millionen Minus

Der – noch vereinte – Jahresabschluss des Pressehauses für 2016 weist 5,7 Millionen Euro operativen Verlust aus, nach 4,3 Millionen Euro im Jahr 2016. Der ausgewiesene Bilanzverlust stieg knapp 19 Millionen kumuliertem Minus 2015 auf zuletzt 24,7 Millionen.

Der Umsatz des Pressehauses sank von 86,8 auf 82,8 Millionen Euro im Jahr 2016. Die Druckerei steuerte dazu 51,7 Millionen bei, der Zeitungsverlag 30,4 Millionen, beide Werte rückläufig.

Der Druckbereich habe den Turnaround geschafft, ließ das Pressehaus im September verlauten, als es die Trennung der beiden Bereiche kommunizierte. (fid, 21.11.2017)