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Familienschubhaft in der Wiener Zinnergasse: Hier verbrachten die Georgierin und ihre Kinder zwei Tage.

foto: dapd/punz

Wien – Abschiebungen von Ausländern sollen zusätzlich forciert werden, darüber sind sich ÖVP und FPÖ bei ihren Koalitionsverhandlungen einig. Ziel sei, die illegale Migration auf null zu senken. Der Preis dieser Verschärfungen ist kein Thema. Am Abschiebeversuch einer alleinerziehenden Frau aus einem eurasischen Staat und ihrer beiden Töchter (Namen der Redaktion bekannt) unter den aktuellen, noch nicht verschärften Bedingungen lässt er sich vielleicht ermessen.

Der Nervenkrieg um diesen Abtransport dauerte zwei Tage. Er endete mit der vorübergehenden Entlassung von Frau und Kindern aus der Schubhaft. Diese hätten am Dienstag um 12 Uhr im Abschiebeflieger sitzen sollen.

Festnahme Sonntagfrüh

Festgenommen worden waren die drei am Sonntag. Um 7 Uhr hatten Polizisten an der Tür ihrer Wiener Wohnung geläutet, hatten sie festgenommen und ins Schubhaftzentrum in der Wiener Zinnergasse gebracht. Dort verbringen Familien in der Regel die letzten 48 Stunden vor ihrem Abtransport.

Es folgten hektische Bemühungen mehrerer Unterstützergruppen. Aus Kärnten, wo die Frau, die sehr gut Deutsch kann, einen Lehrgang als Lebens- und Sozialberaterin besucht, reiste in Rekordzeit die Kursleiterin an. In Wien organisierten sich Freunde via WhatsApp.

Großer Stress für die Kinder

In der Schubhaft verzweifelten inzwischen die Kinder, da auch die Mutter am Rande ihrer Nervenkraft stand. Zudem war die Ältere mit dem abrupten Ende ihres dreijährigen Schulbesuchs in Wien konfrontiert. Als die Kärntner Kursleiterin während der regulären Besuchszeit Montagnachmittag mit der Georgierin sprechen konnte, brüllte die Kleinere ohne Unterlass. Die Neunjährige wiederum sei sprachlos und passiv dagesessen. Beide Kinder waren stark verkühlt.

Dienstagmorgen unterbrach schließlich der Amtsarzt weitere Aufschaukelungen. Die Kinder seien nicht reisefähig, befand er nach deren Begutachtung. Vor allem die Zweijährige sei zu krank. Unmittelbar darauf konnten Frau und Kinder die Schubhaft verlassen.

Alles rechtskräftig

Laut Asylexperten ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich für sie über das Abschiebemoratorium hinaus eine Bleibemöglichkeit eröffnet. Grund dafür: Das Asylverfahren der Mutter – sie gibt an, durch Blutrache bedroht zu sein – ist rechtskräftig negativ abgeschlossen. Zuletzt hatte der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer außerordentlichen Revision gegen den entsprechenden Bescheid des Bundesverwaltungsgerichts (er liegt dem STANDARD vor) abgelehnt.

Insgesamt hat die Frau in Österreich dreimal Asyl beantragt. Nach der zweiten Ablehnung verließ sie Österreich und kehrte für zwei Jahre in die alte Heimat zurück, damals nur mit ihrer älteren Tochter. Ihren dritten Asylantrag stellte sie wenige Monate vor deren Einschulung im Jahr 2014. Laut Bundesverwaltungsgericht ist jedoch auch dem Kind die neuerliche Rückkehr nach Georgien zumutbar. (Irene Brickner, 21.11.2017)