Wien – Zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen stehen seit mehreren Jahren hoch wirksame Medikamente zur Verfügung. Allerdings gibt es zu wenig Rheumatologen, speziell im niedergelassenen Bereich, klagen Experten.

Im Österreich gibt es 167 niedergelassene Ärzte mit dem Zusatzfach Rheumatologie ohne Kassenvertrag und 37 mit Gebietskassenvertrag. Elf der Kassenärzte ordinieren in Wien. In der Steiermark, dem flächenmäßig zweitgrößten Bundesland, sind es drei. Im Burgenland gibt es keinen. Rheumatische Erkrankungen zählen allerdings zu den häufigsten Ursachen für Krankenstand. 8,5 Millionen Krankenstandstage wurden 2015 durch Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes verursacht. Welche Systemkosten durch Rheuma anfallen, wurde bisher nicht errechnet.

Rheuma ist der Überbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen von chronischer Polyarthritis über Morbus Bechterew und Gicht bis zu Lupus. Eine vereinfachte Definition verwenden der Welser Internist Rudolf Puchner, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation, und sein Vorgänger in dieser Funktion, Klaus Machold von der Wiener Uniklinik für Innere Medizin III: "Alles, was im Bewegungsapparat wehtut und nicht durch eine Verletzung bedingt ist."

Möglichst rasche Behandlung

Bis vor einigen Jahrzehnten konnten Ärzte lediglich versuchen, mit Hilfe von Medikamenten Schmerzen und Entzündungen zu reduzieren. Das Fortschreiten der zugrunde liegenden Krankheit führte zur Zerstörung von Gelenken und zu dauerhaften Einschränkungen des Bewegungsapparates. Seit 1990 ermöglicht der Einsatz von Methotrexat – ein äußerst kostengünstiges Medikament – die Verhinderung von Gelenkzerstörungen. Seit 1999 werden – teure – Biologika eingesetzt, die gezielt bestimmte Entzündungsmechanismen blockieren. Mit diesen Medikamenten kann die Beweglichkeit in den meisten Fällen deutlich länger erhalten werden.

"Wir müssen sehr rasch behandeln und wir müssen gezielt behandeln", erklärt Machold – nämlich ehe eine Entzündung dauerhafte Schäden verursacht hat. Grundlage für eine erfolgreiche Therapie mit richtiger Dosierung des jeweiligen Medikaments ist jedenfalls eine richtige Diagnose – und hier sind die Rheumatologen zu einem großen Teil auf Berichte des Patienten angewiesen. Außerdem sind regelmäßige Kontrollen erforderlich. Den Zeitaufwand für Patientengespräche bekommen die Rheumatologen von den Kassen nicht adäquat ersetzt, kritisieren die Experten.

Lange Wartezeiten am Land

Eine von Machold und Puchner durchgeführte Umfrage ergab, dass nicht einmal die Hälfte der Arbeitszeit der Spezialisten auf rheumatologische Tätigkeiten entfällt. Knapp ein Fünftel der Zeit nehmen allgemeininternistische Aufgaben in Anspruch, ein Viertel geht für Administration drauf, acht Prozent für Forschung und Lehre.

Um Folgeschäden zu vermeiden, sei ein Behandlungsbeginn innerhalb von drei Monaten nach Auftreten der Symptome wünschenswert, erklären Machold und Puchner. Wie es in der Realität aussehen kann, verdeutlicht Gertraud Schaffer, die Präsidentin der Österreichischen Rheumaliga: Im ländlichen Raum beträgt die Wartezeit für einen Termin beim Spezialisten bis zu einem halben Jahr. (APA, red, 23.11.2017)