Coolness für den Laufsteg: In den letzten Jahren wurde von Designern immer häufiger versucht, den rauen Lebensstil von Skateboardern zu adaptieren. Aktuell ist das bei Louis Vuitton zu sehen – die Luxusmarke kollaboriert für seine Herbst/Winterkollektion mit Supreme, einer der ältesten Skateboardmarken. Auch Karl Lagerfeld kreierte erst kürzlich Vans-Sneakers, während Dior Homme bereits im Vorjahr seine Herbstkollektion zwischen leuchtenden Skate-Rampen zeigte. Als mit Vogue.com der Online-Ableger der einflussreichsten Modezeitschrift im vergangenen Jahr eine eigene Skate-Week einrichtete, war der Peak erreicht.

Der Mix aus verrucht und edel scheint den Nerv der Zeit getroffen zu haben – auch auf dem Laufsteg. Damit werden die Designer selbst zu den eigentlichen Trittbrettfahrern.

Rote Accessoires von Supreme für die Winterkollektion 2017 von Louis Vuitton
Foto: Louis Vuitton Malletier / Ludwig Bonnet

Entflammte Gemüter

Dass sich die Modewelt ein Stück der dahergerollten Coolness abschneiden möchte, stößt in der Szene teilweise auf Widerstand und wird kontrovers diskutiert. Zu weit von der urbanen Subkultur sollten sich die Träger nicht entfernen – das ließ Jake Phelps, Chefredakteur des populären Thrasher Magazines, 2016 verlautbaren: Nachdem Rihanna und Justin Bieber in Mode mit dem Flammen-Schriftzug abgelichtet wurden, teilte er – linde gesagt – seinen Unmut über den darauffolgenden Hype um den Merchandise mit. Plötzlich wollte jeder die Shirts haben, 14-Jährige schrieben in der Hoffnung auf kostenlose Stücke sogar Leserbriefe an das Magazin. Mit Skateboarding selbst hatte diese Euphorie aber nichts zu tun, das ärgerte nicht nur Phelps.

"Dear Fashion, don’t worry we will give you the next trend... Sincerely, Skateboarding" steht in schwarzer Schrift auf drei rosa bemalten Skateboards. Der kalifornische Künstler, Weston James Palmer, steigt in seiner Freizeit selbst auf das Brett und hat mit seinem Werk Anfang vergangenen Jahres ein vieldiskutiertes Thema aufgegriffen: Den Einfluss von Skatestyles auf die Modewelt.

Zwischen Beton und Ästhetik

Die Verbindung zwischen Skatern und Mode kommt nicht von ungefähr: So hart der Beton, auf dem gefahren wird, auch ist – die ästhetische Komponente spielt auch beim Straßensport selbst eine große Rolle. Das zeigt sich in diversen Kollektionen und eigenen Modelabels professioneller Skateboarder. Darunter einige aus Frankreich, die durchaus salonfähige Stücke produzieren.

"Wenn du jetzt gut aussehen willst, musst du dich wie ein Skater anziehen. Vor vier oder fünf Jahren war das noch nicht so", stellte Lucas Puig in einem Interview mit dem Skateboard-Magazin SOLO fest. Der aus Bordeaux stammende Skateboarder weiß, wovon er spricht. Vor sechs Jahren gründete er mit Hélas sein eigenes Label, wobei auch er sich anfangs an Modellen bekannter Marken orientierte. So wurde der Schnitt der Kappen den Schirmmützen von Lacoste abgeschaut. Nach ein paar Kollektionen folgten T-Shirts, dann weitere Kleidungsstücke.

Heute ist Hélas am Puls der Zeit angekommen: 2017 kollaborierte die Marke mit dem kleinen Regenschirm-Emblem mit Adidas und brachte im Mai eine gemeinsame Kollektion mit dem Sportartikelhersteller heraus. Viel Weiß, grüne Streifen, ein bisschen Orange: Im 80er-Jahre Tenniscourt-Look könnten die Teile problemlos im nächsten Bilderbuch-Video auftauchen – auch ohne Skateboards.

adidas Skateboarding

Rebellieren in Pastell

Sanfte Pastelltöne, ein kleines Blatt in Gold: Auf den ersten Blick erinnern auch die Stücke von Magenta Skateboards eher an hippe Freizeitkleidung aus Berlin Mitte als an Mode für den Straßensport.

Unter diesem Tarnmantel verbirgt sich eine weitere Kooperation mit Adidas – und der nächste französische Profi-Skateboarder: Leo Valls ist Mitbesitzer des 2010 gegründeten Labels und fährt für die Marke auch im Team. Darum geht es den Skatern nämlich in erster Linie: Mit einer passenden Kleidung den eigenen Lifestyle zu repräsentieren. Und vielleicht auch ein bisschen zu rebellieren. (Nina Horcher, 25.11.2017)