Bild nicht mehr verfügbar.

Gerettete Flüchtlinge kommen im Hafen von Malaga an. Die Ankünfte in Spanien sind seit Juni gestiegen.

Foto: REUTERS/Jon Nazca

Wien – Berichte über Sklavenhandel in Libyen, Meldungen von erneuten Bootsunglücken, die dazu führen, dass die italienische Küstenwache tausende Menschen retten muss. Nein, die Flüchtlingskrise rund um das Mittelmeer ist noch lange nicht vorbei. Zwar sind die Ankünfte über die zentrale Mittelmeerroute, also von Libyen nach Italien, seit Juli drastisch gesunken. Doch basiert dies auf einem Deal mit Milizen, der alles andere als stabil erscheint.

Gleichzeitig, wenn auch in geringerem Maße, sind die Ankünfte auf der westlichen Mittelmeerroute nach Spanien seit Juni gestiegen. Wie viele andere Experten sagt denn auch Ottilia Anna Maunganidze vom afrikanischen Institute for Security Studies (ISS), dass sich die Routen schnell verlagern können. "Die Schließung einer Route ändert nichts daran, dass die Menschen fliehen oder nicht. Dann gehen sie andere Wege, denn sie sind bereit, weit größere Risiken auf sich zu nehmen als früher", sagt die Migrationsexpertin zum STANDARD.

Bleibt also die immer wieder als Ziel ausgegebene Fluchtursachenbekämpfung in den Herkunftsländern. Diesbezüglich gebe es in West- und Ostafrika Parallelen, so Maunganidze: "Im Westen flüchten viele aus wirtschaftlichen Gründen, genauso wie im Osten etwa aus Äthiopien."

Auch politische Antwort notwendig

Zusätzlich gebe es zumindest je einen Konflikt. Im Westen sei das der Kampf gegen Boko Haram im Tschadbecken, im Osten der Dauerkonflikt in Somalia, der die Menschen dazu zwinge, die Heimat zu verlassen. Man benötige also nicht nur eine ökonomische, sondern bei diesen Krisenherden auch eine politische Antwort, sagt Roman Desclous, Sprecher des UN-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) für Westafrika.

Auffällig sei laut Maunganidze, dass im Westen in jenen Ländern Fluchtbewegungen eingesetzt hätten, die eigentlich als weiter entwickelt gelten – wie etwa der Senegal oder die Elfenbeinküste, wo der EU-AU-Gipfel stattfindet. Dort sollen die bisherigen Bemühungen in der Flüchtlingsproblematik nun fortgesetzt werden. Spannend wird dabei vor allem sein, ob es bei Rückführungen von in Europa abgewiesenen Asylwerbern und beim Resettlement, der Neuansiedlung von afrikanischen Flüchtlingen in Europa, zu Weiterentwicklungen kommt.

Merkel will Rückführungen intensivieren

Die Ausgangslage ist klar: Europäische Länder wollen, und das hat Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel jüngst wieder betont, Rückführungen intensivieren und beschleunigen. Doch die Herkunftsländer profitieren von ihren Staatsbürgern in Europa, da diese viel Geld nach Hause überweisen.

Als Kompensation soll es neben monetären Zuwendungen – diverse Fonds stehen dafür bereit – eben auch Resettlement geben. Diese legale Einreisemöglichkeit, betont Desclous, könne auch dazu führen, dass nicht mehr so viele Menschen die gefährliche Reise nach Europa mithilfe von Schleppern antreten. 16 EU-Staaten, gab die EU-Kommission Mitte November bekannt, stellten Anträge für 34.400 Resettlementplätze. Österreich hat keine neuen Anträge gestellt. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) erklärte, die Entscheidung darüber werde bei der neuen Bundesregierung liegen.

Afrika in der Pflicht

Maunganidze nimmt bei alldem aber auch die afrikanischen Länder in die Pflicht. "Man denke an den massiven Braindrain oder die großen Fluchtbewegungen, die eine Stabilität im Land verhindern", sagt sie und fordert von der Afrikanischen Union, eine Führungsrolle bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise einzunehmen. Und einen anderen Wunsch hat sie auch noch: In Abidjan solle man doch bitte schön von den sonst üblichen vagen Absichtserklärungen absehen – und stattdessen klare Ziele definieren. (Kim Son Hoang, 29.11.2017)