Das Labor von Microsample in Scharnstein ist wohl eines der kleinsten in ganz Österreich

Laresser

Jungunternehmer Georg Rathmayr (rechts) mit Gerald Stöger von der Wirtschaftskammer Oberösterreich

Foto: Laresser

Linz – Das Almtal steht eigentlich nicht im Ruf, das Silicon Valley Oberösterreichs zu sein. Man punktet in der östlichsten Ecke des Salzkammerguts vielmehr mit einer eindrucksvollen Naturkulisse und dem Charme historischer Gebäude. Und doch gibt es die technischen Weltneuheiten am Fuße des Toten Gebirges – wenn auch gut versteckt.

Tüfteln im Elternhaus

Eine schmale Straße führt zu dem Einfamilienhaus. Ein ansehnlicher Besitz, wohl in den Siebzigern mit viel Liebe, Schweiß und Holz in der kleinen Ortschaft Scharnstein am Eingang zum inneren Almtal errichtet. Nichts deutet hier auf ein junges, innovatives Unternehmen hin. Von einer trendig-hippen Start-up-Szene ist man hier ganz weit weg. Nur ein unscheinbares Schild mit der Aufschrift Microsample lässt auf mehr als nur Wohnidylle im Grünen schließen.

Es braucht für das, was Georg Rathmayr im Zweitberuf macht, auch nicht die Hektik einer Start-up-Generation. Der 35-Jährige würde im Kreise der Vordenker in Holzfällerhemden, die ihre mächtigen Bärte kraulen, am Smoothie nippen und auf Eingebungen warten, auch deplatziert wirken. Georg Rathmayr öffnet im Business-Look die Haustüre. Nicht sein Eigenheim, doch das Haus der Eltern sei "als Firmensitz perfekt".

Wobei das Unternehmen, das der promovierte Werkstoffwissenschafter 2015 gegründet hat, heute eigentlich komplett im Keller ist. Von der Garage führt eine schmale Treppe hinunter in einen Werkzeugraum – das Reich des Seniors Rathmayr, der gelernter Dreher ist. Dahinter befindet sich dann mit dem Firmensitz von "microsample" eines der wohl kleinsten Labors in ganz Österreich. Auf gerade einmal zehn Quadratmetern führt der Jungunternehmer Mikro-Zugprobenprüfungen durch.

In Eigenregie und mit einem Kostenaufwand von gut 250.000 Euro hat Rathmayr den einstigen Hobbykeller zu einem kleinen aber feinen Hightech-Labor umgerüstet. Herzstück ist die selbst entwickelte Mikrozugprobenschleifmaschine. Mit einer Geschwindigkeit von gerade einmal einem Tausendstel Millimeter pro Sekunde schleift die komplett flüssigkeitsgekühlte Maschine runde Proben aus den Werkstücken.

Weltneuheit

Die größten Proben, die dort einer zerstörenden Werkstoffprüfung unterzogen werden, sind wenige Millimeter groß. Die kleinsten haben einen Durchmesser von nicht einmal 80 Mikrometern (0,08 Millimeter). Ermittelt werden dabei unter anderem die Zugfestigkeit, Streckgrenze, Brucheinschnürung, Dehnung oder das Verfestigungsverhalten des Materials. Doch nicht der Zugversuch selbst ist die eigentliche Herausforderung bei den Materialtests im Miniaturformat. Rathmayr: "Die Probenfertigung ist der Schritt mit der größten Fehlerwahrscheinlichkeit."

Für einen Kunden wurde etwa aus einem rund fünf Millimeter hohen mehrschichtig aufgebauten Verbundwerkstoff aus einer Zwischenschicht mit einer Stärke von gerade einmal 140 Mikrometern eine solche Probe mit einem Durchmesser von 80 Mikrometer geschliffen. "Das entspricht einem 'normalen' mitteleuropäischen Haar." Und Genauigkeit ist bei diesem Job immer gefragt. Bereits kleinste Oberflächendefekte führen zu einem vorzeitigen Versagen der Probe im Zugversuch und damit zu grob verfälschten mechanischen Kennwerten des Materials.

Ausgezeichnetes Handwerk

Georg Rathmayr hat mit seiner Entwicklung, die heuer übrigens auch mit dem Handwerkerpreis der Wirtschaftskammer Oberösterreich ausgezeichnet wurde, echte Pionierarbeit geleistet: "Es gibt weltweit keine andere technisch adäquate Fertigungseinrichtung für Mikrozugproben."

Damit erklärt sich wohl auch, warum international tätige Paradeunternehmen wie die Miba Gleitlager Austria GmbH oder die Asmag – Anlagenplanung und Sondermaschinenbau GmbH – mittlerweile den Weg in den Scharnsteiner Keller gefunden haben. Aktuell steht Rathmayr, der im Jahr gut 25.000 Euro umsetzt, vor dem Vertragsabschluss mit einem großen Autokonzern. (Markus Rohrhofer; 29. 11. 2017)