Erst Waffenrad-, dann Schuhfabrik und Fitnessstudio: In Steyr könnte ein neues Studentenheim entstehen.

Foto: Heidelinde Matzenberger

Ein "Milestone" in Leoben wurde mit Beginn des Wintersemesters eröffnet.

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An Studentenheimen wird nicht nur in der Bundeshauptstadt gebaut, auch in kleineren Städten setzen Bauträger auf die lukrative Wohnform.

"Als Gemeinnütziger gehört es fast dazu, ein Heim zu betreiben", erklärt Bernhard Raffelsberger, Geschäftsführer der Familienwohnbau. In Steyr steht das Unternehmen kurz vor der Einreichung für ein Studentenheim in historischen Gemäuern. In einer ehemaligen Waffenradfabrik an der Steyr, die später als Schuhfabrik und Fitnesscenter genutzt wurde, soll Platz für 90 Studierende der FH Steyr entstehen. Jeweils fünf Bewohner würden sich laut aktuellen Plänen einen kleinen Gemeinschaftsbereich teilen.

Ob das Studentenheim so aber tatsächlich verwirklicht wird, ist offen. Denn laut Bauordnung muss beim Studentenheim für jeweils zwei Heimplätze ein Stellplatz errichtet werden – der Platz dafür fehlt auf dem Grundstück aber, so Raffelsberger.

Streitpunkt Stellplätze

Dabei sei der Bedarf an Parkplätzen bei den Studierenden nicht vorhanden, argumentiert er. Und auch die Fachabteilung für Altstadterhaltung, Denkmalpflege und Stadterneuerung wünsche sich keine weiteren Stellplätze in der Altstadt. Für Gerald Hackl, SPÖ-Bürgermeister von Steyr, kommt eine Ausnahmeregelung, die theoretisch möglich wäre und den Bauträger von der Stellplatzverordnung befreien würde, aber nicht infrage.

"Das kann man sich leicht wünschen, aber auftretende Parkplatzprobleme müssen dann am Ende wir lösen." Die Annahme, dass die Studierenden mit den Fahrrädern anreisen, hält Hackl für "naiv". Nachsatz: "Aber dass das Projekt ohne Stellplätze schöner wäre, wissen wir auch."

Die Familienwohnbau hat die Anzahl der Studentenheimplätze zuletzt reduziert und vorgeschlagen, einen einstöckigen Wassertrakt, der ursprünglich ebenfalls zum Wohnen genutzt hätte werden sollen, abzureißen, um Platz für Parkplätze zu machen. Es gibt auch die Möglichkeit, in einem 500-Meter-Radius um das Gebäude die fehlenden Stellplätze anzumieten, betont Bürgermeister Hackl, der auf eine einvernehmliche Lösung hofft: "Das wäre das erste moderne Studentenheim in Steyr."

Wie groß der Bedarf an studentischem Wohnen am FH-Standort Steyr, der gerade ausgebaut wird, ist, sei aber schwer einzuschätzen, meint Hackl. Viele Studierende seien nämlich Pendler und im Steyrer Alltag gar nicht sichtbar.

Zimmer unter 400 Euro

Ziel sei, bei den Zimmerpreisen unter 400 Euro zu bleiben, kündigt Raffelsberger an. "Aber wenn die Kosten aufgrund fehlender Flächen und der Auflagen steigen, dann wird man sehen, ob sich das Projekt überhaupt umsetzen lässt", so der Geschäftsführer. "Tausend Euro wird für ein Zimmer nämlich keiner bezahlen, nicht einmal 500."

Die unterschiedlichen Wünsche innerhalb der Stadt findet Raffelsberger spannend, "die einen wollen, dass die Altstadt so bleibt wie vor 200 Jahren, die anderen wollen Stellplätze. Wir stehen in der Mitte und sind gespannt, wie das Match ausgeht."

Matchentscheidend könnte auch der Denkmalschutz sein: Für die alte Fabrik läuft derzeit nämlich ein Verfahren zur Prüfung der Denkmaleigenschaften, heißt es aus dem Bundesdenkmalamt auf Standard -Anfrage. Mit der Familienwohnbau wurde diesbezüglich aber laut Raffelsberger noch kein Kontakt aufgenommen.

Für große Studentenheimentwickler sowie -betreiber und Investoren sind Kleinstädte wie Steyr nicht attraktiv: "Wir brauchen Städte mit 20.000 Studierenden – und einem beträchtlichen Anteil an internationalen Studierenden", erklärt Milestone-Geschäftsführerin Julie-Christine Lenz. Ihre Studentenheime würden nämlich auf ein "ausgeprägtes Community-Konzept" setzen, "dafür braucht man aber eine gewisse Größe".

Lage, Lage, Lage

"Fachhochschulen sind sehr regional", urteilt auch Bernhard Wippaunig, der bis vor kurzem Kollege von Lenz und Geschäftsführer von Milestone war, sich im Herbst aber mit einem eigenen Unternehmen selbstständig gemacht hat. Wirklich entscheidend sei stets die Mikrolage: "Da entscheiden selbst in einer Kleinstadt 300 Meter über eine gute oder eine schlechte Lage", so Wippaunig.

Unter den kleineren österreichischen Städten erfüllt wohl nur Leoben mit seiner Montanuniversität alle Anforderungen der Investoren: Hier sind in den letzten Jahren zahlreiche Studentenheime entstanden, erst vor wenigen Tagen wurde die Eröffnung des Studentenheims "Milestone" gefeiert, das schon seit Beginn des Wintersemesters Wohnungen für 156 Studierende um einen All-in-Preis ab knapp 300 Euro im Angebot hat, aktuell aber noch nicht voll ausgelastet ist.

Studenten und Unternehmer

Mit Beginn des Wintersemesters 2018/19 soll auch der "Living Campus" in Leoben in Betrieb gehen. Hier baut die Rottenmanner Siedlungsgenossenschaft derzeit nicht nur ein Studentenheim mit 245 Betten, sondern auch fünf Dozentenwohnungen sowie 18 Büroeinheiten für Start-ups sowie ein hauseigenes Kaffeehaus.

Die Preise für die Studentenzimmer werden bei 390 Euro beginnen, kündigt Hermann Harg von der G+R Servicebetriebe GmbH, die das Heim betreiben wird, an. Gebaut werden hauptsächlich Ein-Personen-Garçonnièren mit 19 Quadratmetern und eigenem Sanitärbereich.

Bei den Büroflächen werden laut Harg die ersten Gespräche mit Mietern geführt, Ziel seien Synergien: "Uns gefällt die Idee, dass sich die Unternehmerwelt mit den Studenten austauschen kann." Dabei soll auch das Kaffeehaus, das zwischen Studentenheim und Büros liegt, helfen. (Franziska Zoidl, 6.12.2017)