Klosterneuburg/Wien – Forscher des Institute of Science and Technology (IST) Austria konnten einzelne Bakterien mit einem Computer verbinden und so das Verhalten der Mikroben kontrollieren. So ein biologisch-digitaler Hybridschaltkreis könnte in komplexen biologischen Systemen eine ähnliche Funktion einnehmen wie Debugger zur Fehlersuche in EDV-Systemen, berichten die Forscher im Fachjournal "Nature Communications".

Lichtgesteuert

Damit die Steuerung funktioniert, "haben wir Escherichia coli-Bakterien in zweifacher Weise modifiziert", sagte der Molekularbiologe Calin Guet. Dadurch produzierten die Mikroben nicht nur ein blau-violett fluoreszierendes Protein. Es lassen sich auch die für die Produktion dieses Proteins verantwortlichen Gene mit Licht ein- und ausschalten.

Mit rotem und grünem Licht (für "aus" bzw. "an") lässt sich so die Herstellung des leuchtenden Proteins steuern. Läuft die Produktion, misst der Computer alle sechs Minuten das von jeder einzelnen Mikrobe erzeugte Licht. Proportional dazu erzeugt der Computer ein virtuelles Signalmolekül. Wenn dieses Signal einen bestimmten Schwellenwert überschreitet, wird die Produktion des Leucht-Proteins durch das E. coli-Bakterium abgeschaltet.

Wechselseitige Beeinflussung

"Die Zellen interagieren mit der simulierten Umgebung. Was sie tun, beeinflusst, was der Computer tut, und was der Computer tut, beeinflusst die Reaktion der Zelle", so der Biologe Remy Chait vom IST Austria in Klosterneuburg (NÖ), der die Arbeit gemeinsam mit dem Mathematiker Jakob Ruess und weiteren Kollegen durchgeführt hat.

Beim Test dieser hybriden Schaltkreise erfolgte das Aufleuchten der einzelnen Bakterien in der Kolonie nicht synchron. Durch Änderungen in der digitalen Komponente konnten sie aber ein virtuelles Kommunikationsnetzwerk zwischen den Bakterien aufbauen und sie dazu bringen, kollektiv aufzuleuchten und zu erlöschen. Sie schafften es auch, eine Rückkoppelung mit einzelnen Zellen so zu regeln, dass sie über die Zeit Buchstaben zeigten – etwa den Schriftzug IST.

Anwendungsgebiete und Herausforderungen

Ein mögliche Anwendung solcher biologisch-digitaler Hybridschaltkreise ist die Biotechnologie, wo Mikroorganismen über ihren Stoffwechsel beispielsweise Wirkstoffe herstellen. Damit sie das tun, müssen in der Regel erhebliche Änderungen an den Mikroben vorgenommen werden. Jede dieser Änderungen hat mehrere Auswirkungen, die mit den Folgen anderer Veränderungen wechselwirken und das Gesamtergebnis massiv beeinflussen können.

"Selbst wenn man versteht, was all die einzelnen Teile machen, weiß man nicht, was passiert, wenn man sie zusammenfügt", so Chait. Rückkopplungen zwischen ihnen könnten den gesamten Schaltkreis unberechenbar machen.

Auch bei der Softwareentwicklung steht man vor diesem Problem, hat dafür aber eine Lösung gefunden. Dabei wird jede Komponente einzeln getestet und ihre Wechselwirkung mit der Umgebung untersucht. Die Umgebung wird dabei simuliert und man lässt die zu testende Komponente mit dieser virtuellen Welt interagieren. Ein biologisch-digitaler Schaltkreis würde es ermöglichen, diese Methode auch an biologischen Systeme anzuwenden. (APA, 1. 12. 2017)