Nach dem Gastkommentar von Toni Innauer not amused: ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel.

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Ein Bild aus gemeinsamen Zeiten. Im März 2010 verkündete Innauer in Anwesenheit des ÖSV-Präsidenten seinen Rücktritt.

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Wien – In einem Gastkommentar hat sich der frühere Skisprungolympiasieger Toni Innauer in den "Oberösterreichischen Nachrichten" zu der #MeToo-Debatte und den von Nicola Werdenigg aufgebrachten Missbrauchsvorwürfen im Skisport geäußert und sich damit Ärger und Unverständnis von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel eingehandelt.

Der frühere ÖSV-Skisprungtrainer und Sportdirektor der Nordischen kritisierte Schröcksnadel und auch ÖSV-Sportdirektor Hans Pum, sie hätten "im Umgang mit dem hochsensiblen Thema und den Betroffenen anfänglich ganz klar Ton und Thema verfehlt". Er wirft den ÖSV-Bossen vor, "bei der Auseinandersetzung mit Diskussionspartnern, denen es an vorauseilender Unterordnung mangelt, irritiert zu sein, weil man sich über Jahre an eine betörende Machtfülle nach innen und außen gewöhnt" habe.

ÖSV-Boss: "Opportunisten und Pharisäer"

Schröcksnadel selbst reagierte mit einem Brief an die "OÖN": "Deine Ansage heute ist (...) aus meiner Sicht schon sehr bedauerlich, weil du dich dadurch in die Gilde der Opportunisten und Pharisäer einreihst, was ich schade finde", so der 76-Jährige.

Innauer weist in seinem Kommentar darauf hin, dass keinesfalls alle in einen Topf zu werfen sind. Bis auf ganz wenige schwarze Schafe seien die Betreuer und Trainer schon früher ihren Aufgaben integer und verantwortungsbewusst nachgekommen. Er betonte, dass sexualisierte Gewalt im Sport kein System hat und auch nicht hatte. Bis auf eine Ausnahme: das Pastern. Innauer stellt die Frage in den Raum, wie es möglich sein konnte, dass dieses "völlig sinnentleerte und aus dem Ruder gelaufene Initiationsritual in manchen Disziplinen erst zu spät als entwürdigender Übergriff erkannt werden konnte".

Er bezweifelt, dass es dem Zusammenhalt einer Gruppe dienlich ist, "wenn sich eine wilde Horde mit Schuhcreme und Klisterwachs bewaffnet sogar über junge Mädchen hermacht und das Ganze vom Rudelsführer stillschweigend geduldet wird. Hinter verschlossenen Türen konnte das ahnungslose und verängstigte Kind nicht wissen, wann und wie die Tortur enden würde."

Der 59-jährige Innauer bezeichnete die Veröffentlichung der Erlebnisse und Beobachtungen Werdeniggs als "mutig". Sie habe "eine riesige Lawine aus Betroffenheit, Empörung, aber auch Unverständnis, versteckter und offener Aggression ausgelöst". Und obwohl sie mit all dem gerechnet hätte, habe sie es trotzdem riskiert.

Innauer berichtet auch von einem Vorfall in seiner Jugend. Als 13-Jähriger sei er auf der Bahnhofstoilette in Villach panisch vor einem riesigen fremden Mann geflüchtet, der ihn mit auf ein Zimmer nehmen wollte. "Die Angst, dem Typen noch einmal zu begegnen, saß mir tonnenschwer und zwei lange Stunden im Nacken, bis endlich unser gutgelaunter Trainer mit dem Teambus um die Ecke bog." (honz, 4.12.2017)