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Franz Gasselsberger: Mit 50 aufgehört, Kaffee und Alkohol zu trinken, begonnen, strukturiert Sport zu treiben.

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Franz Gasselsberger beschreibt sich selbst als "typischen Oberösterreicher: klar, direkt, leistungsorientiert, offen im Geist. Stolz." Und versehen mit "dem spröden Charme der Oberösterreicher", wie er sagt. Der 58-Jährige ist in Ampflwang geboren, hat 1984 bei der Oberbank in Braunau begonnen und stetig in der Bank seinen Weg genommen. Seit 2005 ist er deren Generaldirektor. Mit über 2030 Mitarbeitern expandiert die Oberbank fortlaufend gegen den Konsolidierungstrend in der Branche ihr Filialgeschäft (aktuell 157, 2010: 143), übererfüllt die Kapitalvorschriften nach Basel III und weist eine stabile Eigenkapitalrendite von deutlich über zehn Prozent vor Steuern aus.

STANDARD: Mehr als 30 Jahre Karriere – mit fast klassisch-prototypischem Aufstieg – in der Oberbank: Welche Eigenschaften, Fähigkeiten, Tugenden haben Sie vorangebracht?

Gasselsberger: Konsequenz, Disziplin, Ausdauer. Eine gewisse Überzeugungsfähigkeit, Mitarbeiter begeistern zu können, und die Bereitschaft, auch nicht ganz populäre Wege voran- und mitzugehen. Ich glaube, das funktioniert nur, wenn man das Verlassen der Komfortzone als Weg zum Erfolg unter Beweis stellt. Aber: Einer allein macht gar nix. Es geht immer auch um die kritische Menge an motivierten Führungskräften, die ihre Mitarbeiter auch erreichen. Ich hatte eine abwartende Haltung zum Ergebnis unserer aktuellen Mitarbeiterbefragung – wir machen das alle fünf Jahre – zu Orientierung, Leistungsbeurteilung und Wertschätzung. Unsere Führungskräfte haben durchwegs extrem positive Noten erhalten – und das in einer Zeit, in der Ansprüche stark gestiegen sind. Wir verlangen extrem viel.

STANDARD: Ihr Führungsstil?

Gasselsberger: Ich habe einen sehr fordernden Führungsstil, ich motiviere zum Hinausgehen über die eigenen Grenzen, dazu, die Anspruchsniveaus immer neu zu definieren, mit dem Erreichten nie zufrieden zu sein.

STANDARD: Keine Zeit zum Feiern der Erfolge?

Gasselsberger: Doch, selbstverständlich. Auch Rituale, etwa zum Jahresende, sind wichtig. Aber dann geht es weiter. Bequem ist das sicher nicht.

STANDARD: Sie haben im operativen Dreiervorstand zwar keine Frau, insgesamt aber einen Frauenanteil von 60 Prozent ...

Gasselsberger: Aus rein personalpolitischen Überlegungen haben wir diesen Frauenanteil. Es ist ja eine wesentliche Aufgabe von mir, mich um Nachfolge zu kümmern, auch auf den ersten und zweiten Ebenen. Dafür brauchen wir dieses Potenzial und haben ein Bündel von Maßnahmen, das uns dahin führen soll, uns weiterbringen soll. Auch in den Zielvereinbarungen müssen sich Führungskräfte konkret zu ihrer Palette der Diversitätsförderung äußern. Was ich leider oft erlebe, ist, dass Frauen der Mut fehlt, in Führung zu gehen.

STANDARD: Ist es wirklich der Mut?

Gasselsberger: Ja. Werden Frauen gefragt, ob sie das möchten, dann ist die Reaktion sehr oft Zurückhaltung, Selbstzweifel. Fragt man einen Mann, dann sagt der "sicher, will ich". Unsere Organisation ist da offenbar noch nicht durchlässig genug, um Frauen selbstverständlich auf diesem Weg zu unterstützen. Übrigens: Führung in Teilzeit ist bei uns kein Tabu.

STANDARD: Das klingt persönlich engagiert ...

Gasselsberger: Ich habe drei Töchter, also vier Frauen zu Hause, die sehr emanzipiert sind – die haben mich da weitergebildet.

STANDARD: Sie stehen um kurz vor fünf Uhr auf?

Gasselsberger: Ja, dann mache ich eine Stunde Sport, frühstücke, bin kurz nach sieben im Büro. Termine dürfen erst ab 8.15 Uhr eingetragen werden.

STANDARD: Was treibt Sie an?

Gasselsberger: Ich möchte Kunden, Mitarbeiter und Stakeholder nie enttäuschen. Ich verkaufe Sicherheit, Vertrauen, Glaubwürdigkeit und möchte mir nie die kleinste Kleinigkeit vorwerfen.

STANDARD: Work-Life-Balance?

Gasselsberger: Ich habe mit 50 gemerkt, dass immer nur 120 Prozent nicht gesund ist. Ich habe aufgehört Kaffee und Alkohol zu trinken, begonnen strukturiert Sport zu betreiben. Mit meiner Frau mache ich mindestens zweimal im Jahr eine ordentliche Bergtour. Wenn du am Ende dastehst und nur den Beruf hast, bist du arm. (Karin Bauer, 6.12.2017)