Klubchef Kolba: "Peter Pilz als Bürgermeister hätte schon etwas."

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Wien – Listengründer Peter Pilz ist zurück – und nimmt Dienstagnachmittag an der Klubsitzung der neuen Fraktion im Parlament teil, nachdem er sich angesichts der Belästigungsvorwürfe in zwei Fällen Anfang November eine Auszeit genommen hat. Vor der Zusammenkunft mit seinen Mitstreitern informierte unter anderen der interimistische Klubchef Peter Kolba über die nächsten Pläne der Bewegung, die keine klassische Partei sein will.

Fix ist, dass die Liste auch bei der Wien-Wahl, die voraussichtlich 2020 stattfindet, antreten will – nicht zuletzt deswegen, weil man in der Bundeshauptstadt bei der Nationalratswahl ein beachtliches Ergebnis eingefahren hat. Kolbas Nachsatz: "Peter Pilz als Bürgermeister hätte schon etwas." Ob damit die Spitzenkandidatur entschieden sei? Kolba: "Ich gehe davon aus, dass er das will."

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Kein Antritt in Niederösterreich

Konkretes dazu werde jedoch zuerst mit dem Listengründer selbst besprochen. Bei der Landtagswahl in Niederösterreich wird die Liste Pilz nicht antreten. Das hat die Partei Dienstagnachmittag beschlossen, wie der Klubchef dem Kurier sagte: "Wir müssten bis 22. Dezember unsere Kandidatur anmelden und bis dahin rund tausend Unterstützungserklärungen in ganz Niederösterreich gesammelt haben. Das ist für eine kleine Partei wie uns leider eine zu große Hürde."

Für die Wahl in Kärnten Anfang März wiederum suche man noch eine Gruppe, die man unterstützen könne. Die Bewegung F.A.I.R. der grünen Ex-Landessprecherin Marion Mitsche werde das aber nicht sein, verwies Kolba auf einen "klaren Beschluss" der Liste. Der Grund: Die neue Bewegung habe öffentlich eine gemeinsame Kooperation angekündigt, "ohne dass ein Gespräch stattgefunden hätte".

Anspruch auf Vorsitz im RH-Ausschuss

Am Donnerstag, nach einem Entscheid in der Präsidiale des Nationalrats, wie viele Ausschüsse es künftig gibt, wird die Liste auch alle ihre Bereichsprecher bekanntgeben. Anspruch auf den Vorsitz im Rechnungshofausschuss, den traditionell Abgeordnete der Opposition inne haben, melden übrigens neben der Liste Pilz auch die Neos an – letztere wollen die frühere Richterin und Präsidentschaftskandidatin Irmgard Griss in dieser Funktion sehen. Bisher war die Grüne Gabriela Moser Vorsitzende.

Die ersten zwei Bereichssprecher der Liste Pilz stehen aber schon fest: Maria Stern und Sebastian Bohrn Mena, beide ohne Nationalratsmandat geblieben. Bohrn Mena will den Tierschutz und die Kinderrechte vorantreiben. Die ehemalige Sprecherin des Frauenvolksbegehrens wird sich um die Frauenagenden kümmern, zu ihren konkreten Schwerpunkten gehört eine Unterhaltsgarantie für Alleinerzieherinnen. Im Wahlkampf hat Stern schon ein entsprechendes Konzept vorgelegt, in einer Puls-4-Diskussion konnte Pilz den anderen Spitzenkandidaten eine Zustimmung für ihren Vorschlag abringen – doch ein Parlamentsbeschluss kam entgegen anderslautenden Versprechungen nicht zustande.

Klar ist für Stern, dass die Liste Pilz das anstehende Frauenvolksbegehren unterstützt – "wir möchten, dass möglichst viele Frauen und Männer unterschreiben", erklärte sie. Was die Anschuldigungen gegen Pilz betrifft, werde es möglicherweise keine tatsächliche Aufklärung geben, sagte Kolba. Denn im Fall der grünen Mitarbeiterin wollte die Frau kein Verfahren bei der Gleichbehandlungskommission anstrengen.

Noll gegen Zinggl

Ein erster Streit rund um das Wahlrecht hat sich laut APA zwischen Alfred Noll, Pilz-Vertrauter und Anwalt, und dem Abgeordneten Wolfgang Zinggl entwickelt. Zinggl hatte vergangene Woche gemeinsam mit seinem Abgeordnetenkollegen Bruno Rossmann Journalisten der APA und des ORF zu einem Hintergrundgespräch eingeladen – und dabei den Vorschlag einer Wahlrechtsreform ventiliert, bei der nicht nur für, sondern auch gegen eine Partei gestimmt werden könnte.

Nicht so sehr die direkte, sondern die repräsentative Demokratie wolle man stärken. Mit einer zusätzlichen Minusstimme könnte man dann "eine Partei abwählen", erklärte Zinggl. Für Verfassungsfragen innerhalb der Liste Pilz sieht sich aber offenbar Noll zuständig. Er rügte Zinggl und die berichtenden Medien in einem Posting im STANDARD-Forum.

Nolls STANDARD-Posting mit vielen Grün-Stricherln.

"Vielleicht sind wir noch nicht ganz am Plafond intrafraktioneller Zusammenarbeit und professioneller Medienarbeit, wenn unser Kultursprecher von der APA als alleinige Auskunftsquelle für Verfassungsfragen genützt wird", schrieb Noll. "Es gibt sicher die Notwendigkeit, unsere repräsentative Demokratie um weitere Möglichkeiten der Teilhabe zu ergänzen, 'Minus-Stimmen' bei Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern sind eine bloß theoretische und nur vordergründig nette Variante, tatsächlich aber beseitigen sie in der Konsequenz das gleiche Wahlrecht. Mit mir nicht", erklärte Noll in Richtung Zinggl.

Zinggl will sich von Noll freilich keinen Maulkorb umhängen lassen. Die Liste Pilz sei mit dem Versprechen angetreten, das freie Mandat zu leben, erklärte er am Dienstag gegenüber der APA. "Dementsprechend gibt es zweifelsohne in vielen politischen Fragen eine gemeinsame Stoßrichtung und einen roten Faden. Darüber hinaus wird es aber immer wieder abweichende Stellungnahmen geben, die ein lebendiges Parlament als experimentelles Angebot demonstrieren werden." (Nina Weißensteiner, 5.12.2017)