Wien – Die wichtigsten Ergebnisse der am Dienstag präsentierten internationalen Bildungsvergleichsstudie Pirls 2016 (Progress in International Literacy Study), bei der Volksschüler am Ende der 4. Klasse getestet wurden:

Beispielaufgaben

sind unter www.bifie.at abrufbar.

Entwicklung

Österreich hat bei Pirls eine Art Wellental durchlaufen. Der Mittelwert der österreichischen Schüler bei der aktuellen Studie liegt bei 541 Punkten und damit praktisch auf dem Wert von 2006 (538). 2011 gab es einen Knick nach unten (529).

Familie

Je höher der Bildungsabschluss der Eltern, desto besser die Leseleistungen der Kinder: Schüler, die zumindest einen Elternteil mit Hochschulabschluss haben, erreichten im Schnitt 573 Punkte. Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss kamen dagegen lediglich auf 477 Punkte. Diese Mittelwertdifferenz von 96 Punkten ist höher als bei der ersten Pirls-Erhebung vor zehn Jahren (79 Punkten) und entspricht drei bis vier Lernjahren. Einschränkung: Die Gruppe der Kinder mit niedrig gebildeten Eltern ist mit rund fünf Prozent eher klein.

Flüchtlingskinder

wurden bei Pirls 2016 praktisch nicht erfasst. Laut Pirls-Reglement sind Kinder, die zum Testzeitpunkt im Frühjahr 2016 keine ausreichenden Kenntnisse der Testsprache haben, von der Teilnahme ausgeschlossen. Wer ab Sommer 2015 nach Österreich kam, fällt im Regelfall unter diese Gruppe.

Gesamtergebnis

Die österreichischen Kinder liegen mit einem Mittelwert von 541 Punkten signifikant über dem Schnitt aller Teilnehmerländer (521) und praktisch genau im EU-Schnitt (540). Weltweit betrachtet zeigen Schüler aus Russland (581), Singapur (576) und Hongkong (569) die höchste Leseleistungen. Knapp dahinter kommen mit Irland (567), Finnland (566) sowie Polen und Nordirland (je 565) die besten Länder aus der EU.

Geschlechtervergleich

Mädchen erbringen sowohl international als auch in Österreich bessere Leseleistungen. Der Vorsprung der Mädchen fällt dabei in Österreich mit sechs Punkten wesentlich geringer aus als im internationalen Schnitt (18 Punkte) und im EU-Schnitt (13). Besonders hohe Geschlechterunterschiede finden sich in den arabischen Staaten bzw. in Europa in Finnland (22) und Norwegen (21).

Leistungsschwache Schüler

In Österreich fällt rund jeder sechste Volksschüler (16 Prozent) in die Gruppe der Risikoschüler, die maximal einfache Leseaufgaben lösen können. Im internationalen Schnitt macht diese Gruppe 26 Prozent der Schüler aus, in der EU 18 Prozent. In den Spitzenleser-Ländern Russland und Hongkong fallen jedoch nur sechs bzw. sieben Prozent in diese Gruppe, in Finnland sind es neun Prozent.

Leistungsstarke Schüler

In Österreich fallen beim Lesen acht Prozent der Schüler in die Gruppe der besonders Leistungsstarken. Über alle Pirls-Länder hinweg beträgt die Gruppe der Spitzenleser elf Prozent, der EU-Schnitt beträgt zwölf Prozent. Anteile von mehr als 20 Prozent sehr guter Leser verzeichnen Russland, Irland, England, Nordirland und Polen.

Lesefreude

Die österreichischen Kinder lesen durchschnittlich gern, vergleichsweise häufig außerhalb der Schule und haben ein hohes Vertrauen in ihre Lesefähigkeiten.

Mehrsprachigkeit

In Österreich liegt der Anteil der Kinder, die daheim nie oder nur manchmal die Unterrichtssprache sprechen, bei 19 Prozent. Damit liegt es im EU-Vergleich im vorderen Mittelfeld – Werte über 20 Prozent verzeichnen Malta (31 Prozent), Spanien (29 Prozent) sowie Belgien (rund 23 Prozent). Knapp hinter Österreich befinden sich die Niederlande, Bulgarien und Deutschland (je 17 Prozent), Italien, England und Frankreich (je 16 Prozent). Besonders wenige mehrsprachige Kinder verzeichnen Ungarn (zwei Prozent), Polen (vier Prozent) und Nordirland (sechs Prozent). In allen EU-Ländern liegen die einsprachigen Kinder bei den Leseleistungen vor den mehrsprachigen Kindern – die Mittelwertdifferenz schwankt aber stark und liegt etwa in England (zehn Punkte) besonders niedrig. In Österreich ist sie mit 50 Punkten recht hoch, noch höher ist der Unterschied in Bulgarien (80) und der Slowakei (73).

Migranten

Die Leistungskluft zwischen Kindern mit und ohne Migrationshintergrund ist in Österreich groß und beträgt 51 Punkte. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist die Leseleistung der einheimischen Kinder signifikant gestiegen und jene von Zuwandererkindern etwa gleich geblieben. Der Anteil der Schüler mit Migrationshintergrund ist seither von 17 auf 21 Prozent angewachsen. Ein internationaler Vergleich liegt nicht vor, da in den anderen Ländern der Migrationshintergrund oft nicht erhoben wurde.

Stichprobe

In Österreich wurden 4.360 Schüler der vierten Volksschulklasse getestet – das sind ungefähr fünf Prozent der 82.000 Schüler dieser Schulstufe. Ausgeschlossen waren außerordentliche Schüler bzw. Schüler mit bestimmten körperlichen bzw. geistigen Beeinträchtigungen.

Teilnehmerländer

Insgesamt nahmen 50 Länder an Pirls teil sowie elf sogenannte "Benchmark-Regionen" (meist Regionen in einem Teilnehmerland mit Extra-Auswertung wie z. B. Quebec oder Ontario in Kanada). Die Spanne reichte dabei von 24 Staaten aus der EU über zahlreiche arabische Länder bis zu Russland, Aserbaidschan, Kasachstan und die USA, Kanada, Australien, Neuseeland und Trinidad/Tobago. (APA, 5.12.2017)