Rekruten am Heldenplatz.

foto: apa/neubauer

Wien – Ein Artikel im STANDARD schlägt im Verteidigungsministerium hohe Wellen, laut Ministeriumssprecher Michael Bauer liegt journalistisch eine "klare Grenzüberschreitung" vor. Auch im STANDARD-Onlineforum wurde und wird kontrovers diskutiert: Der Redaktion waren Unterlagen aus dem Heeresgesundheitsakt jenes 19-jährigen Grundwehrdieners zugespielt worden, der im heurigen August während seiner Ausbildung bei einem Marsch in großer Hitze kollabierte und starb. Der Fall ist bei der Staatsanwaltschaft Krems anhängig.

Den Unterlagen zufolge hatte der junge Mann bei seiner Musterung ein auffälliges EKG. Laut einer von der Redaktion befragten Internistin wies er möglicherweise eine massive Herzmuskelverdickung auf, was bei starker Belastung zu Herzrhythmusstörungen führen könne. Nach einer Erstuntersuchung im August hatte das Verteidigungsministerium nur von einer Blutvergiftung aufgrund der Infektion mit zwei gefährlichen Keimen gesprochen.

Identität blieb unerwähnt

Der Rekrut wies auch weitere Kreislaufprobleme auf, dennoch war ihn die hohe Heereswertungsziffer acht zuerkannt worden. DER STANDARD entschloss sich zur Veröffentlichung. Name und Identität des Rekruten blieben unerwähnt. Opferanwalt Helmut Graupner begrüßte die Berichterstattung im Namen der Familie.

Für Ministeriumssprecher Bauer liegt dennoch ein schwerer Verstoß vor: "Es muss jeder Mensch, der sich einem Arzt anvertraut, die Sicherheit haben, dass seine Daten vertraulich behandelt werden", sagte er in einem Interview mit noe.orf.at. Es sei "eigentlich schon unglaublich, dass DER STANDARD versucht, aus Teilen des Gesundheitsaktes Ferndiagnosen zu ziehen". Rechtliche Schritte würden geprüft.

Verschiedene Eingriffe

Man müsse in diesem Fall zwischen den Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte des verstorbenen Rekruten und in das Ansehen des Bundesheeres und seiner Angehörigen unterscheiden, meint dazu Susanne Kissich, Rechtswissenschafterin mit Persönlichkeitsrecht und Ehrenschutz als Arbeitsschwerpunkte. Es gebe einen postmortalen Ehrschutz, mit der detaillierten Veröffentlichung von Gesundheitsdaten werde zweifelsfrei in die Intimsphäre des Rekruten eingegriffen. Wesentlich sei, ob das mit dem Bericht transportierte Thema auch weniger einschneidend diskutiert werden hätte können.

Was den Angriff auf das Ansehen des Bundesheeres betrifft, spreche mehr für die Zulässigkeit des Berichts, meint Kissich. Das Bundesheer sei eine wichtige Institution des öffentlichen Lebens und habe daher Kritik, die auf wahren Tatsachen beruht, zu dulden – so die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten worden sei. (red, 6.12.2017)