Bei der heimischen Möbelkette Kika/Leiner werden keine direkten Auswirkungen der Geschehnisse rund um den Mutterkonzern Steinhoff erwartet.

Foto: Kika/Leiner

Wien – "Wir freuen uns, dass wir ein Paradeunternehmen wie Kika/Leiner in der Steinhoff-Gruppe begrüßen dürfen": Mitte 2013 feierte Markus J. Jooste als Chef des südafrikanischen Mischkonzerns Steinhoff den Erwerb der österreichischen Möbelkette, der von Insidern damals auf mehr als eine halbe Milliarde Euro taxiert wurde. Inzwischen ist Jooste selbst Geschichte: Am Dienstagabend musste er bei Steinhoff seinen Hut nehmen, nachdem unter anderem wegen möglicher Unregelmäßigkeiten in den Steinhoff-Bilanzen ermittelt wird. Die Aktie befindet sich seit Tagen im freien Fall und büßte allein am Mittwoch bei außerordentlich hohen Umsätzen zeitweise mehr als 70 Prozent ihres Werts ein. Auch am Donnerstag setzt sich das Kursgemetzel fort. Die Titel brachen um weitere 35 Prozent auf nur noch 72 Cent ein. Der nach Ikea weltweit zweitgrößte Möbelhändler verlor seit Wochenbeginn mehr als 11 Mrd. Euro an Börsenwert

Causa schwelt seit Sommer

Ins Rollen gekommen ist die Vorgeschichte bereits im Sommer, als Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Oldenburg wegen des Verdachts auf Bilanzfälschung bekannt geworden waren, was der südafrikanische Konzern mit rechtlichem Sitz in den Niederlanden stets zurückgewiesen hatte. Bis sich die Lage zu Wochenbeginn empfindlich zuspitzte, als Steinhoff ankündigte, die für Mittwoch geplante Bilanz für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr lediglich untestiert vorlegen zu können.

Zur Wochenmitte zog der Konzern wegen neuer Informationen über finanzielle Unregelmäßigkeiten endgültig die Notbremse: Das Unternehmen will erst die Jahresbilanz vorlegen, wenn es dazu in der Lage ist, und die Prüfgesellschaft PwC soll zunächst eine Untersuchung durchführen. Möglicherweise müssen auch die Geschäftsergebnisse der Vorjahre korrigiert werden.

Bilanzwert könnte zu hoch sein

Nach dem Abgang von Konzernchef Jooste wird Aufsichtsratschef Christo Wiese den Konzern interimistisch leiten. Aber auch Ben La Grange, Chef der Afrika-Tochter Star, die erst im September an die Börse gebracht wurde, gab seinen Rücktritt bekannt. Schon zuvor hatte die Oldenburger Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen vier aktuelle und ehemalige Verantwortliche eines Konzerns in Westerstede bestätigt, wo die Europazentrale von Steinhoff ihren Sitz hat.

Die mögliche Folge: Der Bilanzwert des Konzerns könnte zu hoch dargestellt worden sein. Zudem sei eine Strafanzeige einer dritten Person wegen des Verdachts auf Urkundenfälschung erstattet worden. Aber auch in Südafrika droht juristisches Ungemach: Die dortige Börsenaufsicht prüft mögliche Fälle von Insiderhandel mit Steinhoff-Aktien. "Was für ein Chaos", kommentierten die Analysten von Kepler Cheuvreux die Ereignisse bei Steinhoff – und ergänzten die Befürchtung, dass "da noch mehr kommt".

Aufklärung kann dauern

Resultate der Untersuchung seien frühestens im Jänner zu erwarten, die Unsicherheit werde bis dahin anhalten, sagte Investmentmanager Omri Thomas von Abax Investments dem "Manager Magazin". Größter Aktionär der Steinhoff-Gruppe ist der 76-jährige Multimilliardär und nun auch Interimskonzernchef Wiese mit einem Anteil von rund 23 Prozent. "Das Vertrauen zwischen Wiese und Jooste ist verlorengegangen", erklärte der südafrikanische Einzelhandelsexperte Syd Vianello gegenüber Bloomberg den Abgang des früheren Konzernchefs.

In Österreich erwartet Kika/Leiner jedenfalls keine direkten Auswirkungen auf den Geschäftsgang in Österreich und Osteuropa. "Die Geschäfte unseres Unternehmens werden unverändert und in gewohnter Weise fortgeführt", betonte Sprecherin Sonja Felber. (Alexander Hahn, 6.12.2017)