Immer mehr Kinder leiden unter Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Problemen. Nur ein Bruchteil ist in Behandlung. Im neuen Zentrum gibt es endlich Therapie und Beratung.

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Salzburg – Jeder vierte Jugendliche leidet unter psychischen Problemen. Rund 15.000 Kinder in Salzburg sind verhaltensauffällig. 6.000 davon würden eine Behandlung brauchen. Doch nur wenige Familien suchen sich professionelle Hilfe. Derzeit sind rund 2500 Kinder und Jugendliche in Salzburg in Behandlung. Das soll sich nun ändern: Das neue psychosoziale Zentrum für Kinder und Jugendliche in Salzburg bietet einen niederschwelligen Zugang zu Therapie und Beratung.

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Mit vier Jahren Verzögerung hat das Ambulatorium für Kinder bis 18 Jahre nun eröffnet. Das Gebäude ist seit eineinhalb Jahren im Besitz des Landes, nur die Suche nach dem geeigneten Fachpersonal gestaltete sich schwierig. Das Problem: Es gibt wenige Kinder- und Jugendpsychiater in Österreich. Allein an der Christian-Doppler-Klinik sind sieben Facharztstellen frei, eine Kassenstelle im niedergelassenen Bereich wird seit drei Jahren gesucht.

Kinderpsychiatrie Mangelfach

"Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist ein Mangelfach", sagt ÖVP-Gesundheitslandesrat Christian Stöckl. Es sei ein junges Fach, und auch die Verdienstmöglichkeiten seien im Vergleich zu anderen Fachbereichen geringer, sieht Stöckl die Gründe. Karin Hofer, Sprecherin der Salzburger Gebietskrankenkasse, ergänzt: Auch die Ausbildung sei ein Problem. Die Psychiatrie sei im Turnus nicht verpflichtend, und auch die mathematische, naturwissenschaftliche Aufnahmeprüfung für das Studium sei eine Hürde.

In dem neuen Ambulatorium ist ein Team aus zwei Kinderpsychiatern, klinischen Psychologinnen, Psychotherapeutinnen und Sozialarbeiterinnen für die jungen Patienten da. Geleitet wird die neue Einrichtung von der Kinder- und Jugendpsychiaterin Kanita Dervic. Die gebürtige Bosnierin hat sich als erste Frau in Österreich für Kinder- und Jugendpsychiatrie habilitiert.

Gruppentherapie und aufsuchende Betreuung

Neben der individuellen Einzelfallbetreuung sind im neuen Zentrum auch Gruppentherapien möglich. Eine weitere Neuerung ist das aufsuchende Angebot. Die jungen Klienten können erstmals in Salzburg auch zu Hause in ihrem sozialen Umfeld von Psychiatern betreut werden. "Das ist etwa nötig, wenn eine Mutter anruft, weil ihr Sohn das Haus nicht mehr verlasst", so der stellvertretende Leiter und Jugendpsychiater Georg Weiss.

Das psychosoziale Zentrum wird von der Salzburger Gebietskrankenkasse und dem Land Salzburg mit je 400.000 Euro pro Jahr finanziert. Im Pinzgau, Pongau und Lungau können sich Betroffene an die Therapeuten der Kinderseelenhilfe wenden. (Stefanie Ruep, 7.12.2017)