Ein Unschuldsengel – für ihn gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung. Bis in alle Ewigkeit.

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Zu den historischen Errungenschaften der schwarz-blauen Koalition unter Wolfgang Schüssel zählt, dass sie bei vielen Österreichern das Interesse an der Rechtsprechung geweckt hat. Besonders am Begriff Unschuldsvermutung hängt das rot-weiß-rote Herz, er taucht in der historischen Aufarbeitung der Jahre 2000 bis 2005 am häufigsten auf.

Die Unschuldsvermutung zählt zu den Grundprinzipien eines rechtsstaatlichen Strafverfahrens. Sein Gegenteil ist die Schuldvermutung, auch die Vorverurteilung steht ihm gegenüber. Anders als oft unschuldig vermutet, gehört die Unschuldsvermutung nicht zum Namen, wiewohl manch ein Name den Begriff wie einen Appendix mit sich führt; ungeachtet, ob jemand zu schön, aus zu gutem Haus oder zu intelligent ist. Justitia ist da blind.

Landläufig interpretiert man den Begriff leger, konzentriert sich bei der Unschuldsvermutung auf die dem Wort eingeschriebene Schuld. Viele sagen: Immer, wenn's wo stinkt, gilt die Unschuldsvermutung. Das mag Damen gegenüber nobel erscheinen, wenn diese Flatulenzen begünstigende Speisen genossen haben, vor Gericht gilt das nicht.

Auch abseits der Gerichtssäle hat das Wort Eingang in den Sprachgebrauch gefunden. Zu Ostern beliebt ist das Unschuldsvermutungslamm, und für manch eine an der Peripherie unschuldig zum Kinde gekommen Jungfrau gilt die Unschuldsvermutung vom Land. Aber nur bis zum gerichtlich angeordneten Vaterschaftstest. (Karl Fluch, 10.12.2017)