Ein Kind ist nicht nur das verletzlichste und sensibelste, das schützenswerteste Mitglied einer Gesellschaft. Es ist zugleich auch ihr höchstes Kapital. Es ist die Zukunft, und von seiner Behandlung hängt die Zukunft der Behandelnden ab. Die kommende Gesellschaft besteht aus heutigen Kindern. Zeigt man ihnen, wie ein sinnvolles Miteinander aussieht? Oder dass Ellbogentechnik das Wichtigste im Leben ist und die erfolgreichste Ich-AG dieses Lebens Krönung? Bringt man ihnen logisches Denken, kritischen Geist und Standfestigkeit bei, oder vermittelt man ihnen, dass der berechnen- de Wendehals den Gewinn einfährt? Dass Mitgefühl nur etwas für Schwächlinge ist oder dass Gewalttätige straflos davonkommen? Dass Hilfeschreie sowieso ungehört verhallen, wenn der Stärkere das so will? Was für eine Gesellschaft wird man mit einer solcherart gesäten Wertevermittlung ernten?

Eine Tochter von Eduard L. hielt fest, dass die Kinder lange darauf gehofft hatten, dass jemand von außen den Vater in seinem Tun stoppen würde. In jener Kinder- und Jugend-WG, in der es zu Sexualdelikten, Gewalttaten und Selbstmordversuchen gekommen sein soll, hatte ein hochrangiger Ex-Mitarbeiter versucht, die Behörden zu alarmieren. Es gebe einen Berg an ungelösten Problemen. Angeblich ließ ihn die zuständige Beamtin wissen, in der Kinder- und Jugendaufsicht sei derzeit leider kein Gespräch mit ihm möglich. (Julya Rabinowich, 10.12.2017)