Köln – Die menschliche Haut schützt den Körper vor Krankheitserregern oder giftigen Substanzen. Sie passt sich unserem Körper perfekt an und erneuert sich über die gesamte Lebenszeit ständig. Das gelingt, indem jede Hautzelle eine spezifische Aufgabe übernimmt. Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns in Köln konnten jetzt zeigen, dass das Verhalten von Stammzellen der Haut davon abhängt, wie dicht ihre Umgebung gepackt ist. Zudem bewegen sich die Zellen durch diesen Druck innerhalb des Gewebes und stellen so sicher, dass jeder Zelltyp seine richtige Position einnimmt.

Die Haut eines Erwachsenen besteht aus verschieden Schichten. Die Stammzellen sitzen in der untersten Schicht und sorgen dort ständig für Nachschub an neuen Zellen. Diese wandern dann innerhalb des Gewebes nach oben und verwandeln sich währenddessen in spezialisierte Zellen – einen Vorgang, der auch als Differenzierung bezeichnet wird.

Dafür müssen die Zellen ständig ihre Eigenschaften verändern. Die Haut muss dabei ein Gleichgewicht zwischen differenzierten Zellen und Stammzellen aufrechterhalten. Ohne dieses natürliche Gleichgewicht geht die Struktur der Haut verloren und diese kann nicht mehr als Barriere wirken. Wie die Haut dieses komplizierte Gleichgewicht erhält, war bislang weitgehend unklar. "Wir haben uns daher zunächst gefragt, woher die Hautzellen wissen, wo sie sich in der Haut befinden und was sie dann dort zu tun haben", erklärt Yekaterina Miroshnikova, Erstautorin der Studie.

Verdichtung und Verformung

Für ihre Studie untersuchten die Kölner Wissenschafter embryonales Mausgewebe und kultivierte Stammzellen. Dabei entdeckten sie einen neuen Mechanismus: "Wir haben beobachtet, dass Stammzellen während der Teilung die Zellen in ihrer Umgebung deformieren und die gesamte Stammzellschicht zusammendrängen. Interessanterweise führt diese Verdichtung und Verformung zu einer Differenzierung der benachbarten Zelle", sagt Miroshnikova.

Die zusammengequetschten Zellen verändern ihre Eigenschaften und entkommen dem lokalen Druck, indem sie in höhere Schichten "flüchten". "Eine Zelle nimmt also genau wahr, was bei ihren Nachbarn vor sich geht, und macht dann genau das Gegenteil davon. Dadurch bleibt die Größe und Struktur des Gewebes auf einfache Art und Weise erhalten", so Miroshnikova.

Die Ergebnisse der Wissenschaftler zeigen zum ersten Mal, wie ein so komplexes Gewebe wie die menschliche Haut sich selbst durch sehr einfache Prinzipien der Selbstorganisation erhalten kann. Nun wollen die Forscher über Computermodelle und zellbiologische Experimente herausfinden, wie genetische Mutationen während der Teilung und Differenzierung der Stammzellen zur Krebsentstehung beitragen und wie dem eventuell vorgebeugt werden kann. (red, 12.12.2017)