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Princeton – Ein zügiges Eingießen von Espresso in warme Milch lässt einen perfekten Latte macchiato mit den typischen hellen und dunklen Schichten entstehen: Was ein Barista aus der Alltagserfahrung heraus entdeckt haben könnte, haben Forscher um Howard Stone von der Universität Princeton (USA) nun mit dem theoretischen Unterfutter aus der Physik versehen. Sie hatten nach einer Möglichkeit gesucht, weiche Materialien mit unterschiedlichen Schichten herzustellen, und präsentieren ihre Ergebnisse im Fachmagazin "Nature Communications".

Konvektionsphänomene

Der Ausgangspunkt für die Untersuchungen des Forscherteams waren die Schichten im Latte macchiato. Meist werden sie durch vorsichtiges Gießen des Espressos in den Milchschaum erreicht. Die dichtere und kältere Milch bildet die untere Schicht, während der leichtere und heißere Kaffee sich in der Mitte einfindet. Der leichte Milchschaum thront obenauf. Doch eine solche Schichtung, wenn auch mit mehr Abstufungen, kann auch mit einem schnellen Eingießen des Espressos erreicht werden. Dann kommt es gleichzeitig zu einer Aufwärts- und einer Abwärtsbewegung in der Flüssigkeit – Fachleute sprechen von einer doppelt diffusiven Konvektion.

NPG Press

Dazu müssen sich die zu mischenden Flüssigkeiten in zwei Eigenschaften unterscheiden, beim Latte macchiato sind es die Temperatur und die Dichte. Es entsteht ein Dichte- und ein Temperaturgefälle, das nach einem Ausgleich strebt. Damit dieser Ausgleich – die Konvektion – in Gang kommt, muss das Gefälle jedoch groß genug sein. Deshalb kann ein langsames Eingießen keine doppelt diffusive Konvektion auslösen.

Zahlen und Grenzwerte

Die Forscher fanden nun durch Experimente mit gefärbtem und mit salzhaltigem Wasser heraus, dass die kritische Gießgeschwindigkeit 21 Meter pro Sekunde beträgt: Bei einer höheren Geschwindigkeit verursacht der einschießende Flüssigkeitsstrahl genügend Turbulenzen, um Konvektionszellen entstehen zulassen, die das Temperatur- und Dichtegefälle ausgleichen. Durch den Ausgleich bilden sich dann die Schichten.

Diese Erkenntnisse setzten die Forscher nun zur Erzeugung eines Gels mit Schichten unterschiedlicher Festigkeit ein. Dazu gossen sie eine heiße Agarose-Gel-Lösung in salzhaltiges Wasser und ließen das Ganze auf Raumtemperatur abkühlen. Agarose ist ein Zucker, der beim Abkühlen geliert. Die Forscher beobachteten nun, dass sich noch vor dem Gelieren Schichten mit unterschiedlichem Agarose-Anteil in der Lösung bildeten. Der obere, festere Teil hielt einem Druck von 230 Kilo-Pascal stand, der untere, weichere Teil nur 50 Kilo-Pascal. Solche geschichteten weichen Substanzen sind bisher nur in mehreren Schritten herstellbar.

"Diese einstufige, einzel-chemische Methode kann die Herstellung mehrschichtiger Strukturen in der Lebensmittelwissenschaft, in der Gewebetechnik und anderen Anwendungen in der Materialwissenschaft erleichtern", schreiben die Forscher. (APA, red, 13. 12. 2017)