Die Statue von Alexander dem Großen, die seit 2011 auf Skopjes Hauptplatz steht ärgert die Griechen.

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Skopje/Brüssel – Zentralbalkanische Republik Mazedonien, Nordmazedonien, Obermazedonien. Das sind Vorschläge, wie das Land zwischen Griechenland und Serbien künftig heißen könnte. Athen akzeptiert den Namen "Republik Mazedonien" nicht, weil es in Griechenland eine gleichnamige Region gibt. Doch am Montag und Dienstag fanden in Brüssel – nach dreijähriger Unterbrechung – erstmals wieder von der Uno geführte Gespräche zur Lösung des Namensstreites statt.

Denn die neue sozialdemokratisch geführte Regierung in Skopje will endlich den Weg Richtung EU und Nato ebnen, der von Griechenland wegen des Namensstreits seit 2005 blockiert wird. Die Charmeoffensive von Außenminister Nikola Dimitrov führte bereits zu einigen Treffen. Und auch auf der symbolischen Ebene bewegt sich Mazedonien. So könnte etwa die kitschige Statue von Alexander dem Großen, die seit 2011 auf Skopjes Hauptplatz steht und die Griechen ärgert, weil sie Alexander für sich beanspruchen, wieder entfernt werden. Im Außenministerium in Skopje ist man aber vorsichtig mit der Hoffnung auf eine Lösung des Streits.

Denn Griechenland sitzt am längeren Hebel und ist hauptsächlich damit beschäftigt, das Monitoring der internationalen Finanzinstitutionen wieder loszuwerden. Trotzdem hat sich der geopolitische Kontext zugunsten Mazedoniens geändert – Brüssel und Washington wollen etwa die Einflussnahme Russlands auf dem Balkan eindämmen.

Mazedonien bereit bis 2023

Tatsächlich könnte Mazedonien, das 2005 den Kandidatenstatus bekam, ohne griechisches Veto längst Mitglied der EU und der Nato sein. Laut der Analyse von Tina Freyburg von der Universität St. Gallen kann von den EU-Anwärtern auf dem Balkan (Montenegro ausgenommen) nur Mazedonien bis 2023 die praktischen, rechtlichen und technischen Kriterien für den Beitritt erreichen.

Doch bis 2015 kümmerten sich weder die EU noch die USA wirklich um das Land, was sich als schwerer Fehler herausstellte. Denn die prorussische Regierung unter dem national-konservativen Nikola Gruevski baute eine Willkürherrschaft auf, wie es sie sonst nirgends in Europa gab. Polizei, Justiz und Medien wurden unter die Kontrolle der Partei VMRO-DPMNE gebracht. Die Korruption, Machtgier und Schamlosigkeit wurden im Frühjahr 2015 durch die Veröffentlichung von Abhörprotokollen offensichtlich.

Die Situation eskalierte vollends am 9. Mai 2015, als sich albanische Kriminelle und die Polizei in der Stadt Kumanovo Schießereien lieferten, bei denen 18 Menschen starben. Die meisten Beobachter nahmen an, dass die Aktion inszeniert worden war, um von den Vergehen des Regimes abzulenken. Anfang November dieses Jahres wurden zwei der 37 angeklagten Kriminellen zu lebenslanger Haft, 13 andere zu 40 Jahren Haft und weitere 13 Personen zu kürzeren Haftstrafen verurteilt. Doch wer hinter den Schießereien steckte, wurde nicht aufgeklärt.

Premier Zoran Zaev will deshalb eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Erst gestern, Dienstag, forderte er die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission. Im Mai hatte er gesagt, dass es ein Telefonprotokoll zwischen einem der Kriminellen und dem mazedonischen Geheimdienst sowie Anzeichen für die Beteiligung höherer Strukturen gebe.

Nach den Schießereien traten die Polizeiministerin und der Geheimdienstchef – ein Cousin Gruevskis – zurück. Gruevski verließ das Premiersamt aber erst im Jänner 2016 – aufgrund von Druck der EU und USA. Bis Anfang dieser Woche blieb er Parteichef, obwohl seit Monaten gegen ihn wegen Amtsmissbrauchs ermittelt wird.

VMRO-Vertreter verdächtigt

Sein jetziger Abgang hat wohl damit zu tun, dass die Staatsanwaltschaft nun offiziell einige VMRO-Vertreter verdächtigt, in Gewalt gegen die Opposition involviert gewesen zu sein. Zur Erinnerung: Am 27. April stürmten Anhänger der VMRO das Parlament und prügelten auf die Parlamentarier ein, um einen Machtwechsel zu verhindern. Auch Zaev wurde verletzt. Gruevski war an diesem Tag justament in Wien – auf Besuch bei ÖVP-Granden.(Adelheid Wölfl, 13.12.2017)